Berlin (epd). Leitungen von Schulen, Kindertagesstätten und Pflegeheimen sollen künftig von ihren Beschäftigten Auskunft darüber verlangen dürfen, ob diese gegen Covid-19 geimpft sind. Der Haushaltsausschuss des Parlaments billigte eine Vorlage von Union und SPD am 3. September in Berlin. Die Koalition hatte sich zuvor auf einen Kompromiss verständigt. Der Wirtschaft geht das Auskunftsrecht nicht weit genug. Die Opposition kritisierte, die Regelung sei übers Knie gebrochen und lasse viele Fragen offen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, bei Krankenhäusern gelte seit vielen Jahren, dass ein Arbeitgeber seine Beschäftigten im Patientenkontakt fragen dürfe, ob sie gegen Infektionskrankheiten geimpft seien. „Wir wollen in dieser Pandemie dieses Auskunftsrecht auch auf andere Bereiche ausdehnen“, sagte Spahn. In Pflegeheimen, Schulen oder Kitas seien den Beschäftigten Menschen anvertraut, die einen besonderen Schutz bräuchten. Eine weiter gefasste Auskunftspflicht, etwa um auch das Arbeiten im Großraumbüro zu ermöglichen, solle es jedoch nicht geben, erklärte Spahn. „Sinn würde es machen. Aber dafür sehe ich aktuell keine Mehrheit im Parlament“, sagte der Minister.

SPD lehnt weiter gefasstes Auskunftsrecht ab

Die SPD-Fraktion und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lehnen ein weiter gefasstes Auskunftsrecht ab. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forderte die SPD auf, über weitere Schritte im Gespräch zu bleiben. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger kritisierte die „Mini-Ausweitung des Fragerechts des Arbeitgebers“ und warf der SPD eine Blockadehaltung vor. Es sei unverständlich, dass Arbeitgeber den Impfstatus der Beschäftigten beim betrieblichen Infektionsschutz zwar berücksichtigen, aber nicht erfragen dürften, erklärte Dulger.

Die Vorlage der Koalition sieht das Auskunftsrecht vor für Kindertagesstätten, Schulen, teil- und vollstationäre Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie Obdachlosen- und Asylbewerberunterkünfte und auch Gefängnisse. Die Leitungen können Geimpfte und Ungeimpfte dann an unterschiedlichen Stellen einsetzen, um das Infektionsrisiko in den Einrichtungen zu minimieren. Außerdem können die Arbeitgeber etwa mehr Tests für ungeimpfte Beschäftigte vorsehen, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Hennrich (CDU). Patientenschützer Eugen Brysch begrüßte die Regelungen. Kranke, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wollten sicher sein, dass der Immunstatus der Pflegekräfte und Ärzte bekannt sei, erklärte er.

Bundestag muss beschließen

Die Änderungen sollen am 7. September im Parlament verabschiedet werden. FDP, Grüne und die Linksfraktion hatten vergeblich eine vorausgehende Expertenanhörung verlangt und kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung, es gebe keine Möglichkeit, die Neuregelung in einem geordneten Verfahren zu prüfen. So sei beispielsweise nicht klar, ob die Impfabfrage-Daten ausschließlich zum Zweck des Infektionsschutzes verwendet werden dürfen, bemängelten die gesundheitspolitischen Sprecher und Sprecherinnen, Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), Andrew Ullmann (FDP) und Achim Kessler (Linke).

Das Recht auf die Abfrage gilt der Vorlage von Union und SPD zufolge, solange eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt ist. Diese Feststellung trifft der Bundestag. Er hat die epidemische Lage zuletzt bis zum 24. November verlängert.

Außerdem werden die Indikatoren zur Beurteilung der Corona-Lage verändert. Maßgeblich ist künftig die Zahl der Krankenhauseinweisungen von Covid-19-Patienten pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen (Hospitalisierungsrate). Weitere Indikatoren, an denen die Bundesländer ihre Corona-Maßnahmen ausrichten, sind die Zahl der Neuinfektionen, die verfügbaren Intensivbetten und die Zahl der Impfungen.