Berlin (epd). Berlin will die Obdachlosigkeit in der Stadt bis 2030 überwinden. Einen Masterplan dafür legte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) am 3. September vor. Erreicht werden solle dieses Ziel demnach durch eine Reihe von Maßnahmen und grundlegende Veränderungen im bestehenden Hilfesystem, erklärte die Sozialsenatorin. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) begrüßte das Vorhaben.

Bei der ersten Berliner Obdachlosenzählung im Januar 2020 waren knapp 2.000 Menschen erfasst worden, die auf der Straße leben. Viele kamen aus anderen EU-Staaten, 84 Prozent waren männlich und alleinlebend.

„Housing First“

Breitenbach sagte, immer mehr Menschen in Berlin würden obdach- und wohnungslos. Dies sei nicht hinnehmbar. „Die Gesellschaft wird daran gemessen, wie sie mit den ärmsten Menschen umgeht“, unterstrich die Linken-Politikerin.

Sie fügte hinzu, die Angebote der Wohnungslosenhilfe kämen nicht immer bei den Menschen an, die sie dringend brauchen. Deshalb sei gemeinsam mit verschiedenen Akteuren und Betroffenen nach Lösungen gesucht worden. Breitenbach betonte: „Wir haben mit 'Housing First', der gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung wohnungsloser Menschen und weiteren Maßnahmen die Grundlagen geliefert und wichtige Voraussetzungen geschaffen.“

Konkret will die Senatorin etwa das Prinzip „Housing First“ zur Regel machen. Das bedeutet, Betroffene ziehen nicht erst in Notquartiere, sondern gleich in eine Wohnung, erhalten aber weiter Beratung. Weiter brauche es einheitliche Regeln in den Bezirken und eine Quote für den Zugang zum Wohnungsmarkt. Entsprechende Regelungen müssten in der nächsten Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden. In Berlin wird am 26. September zeitgleich mit dem Bundestag ein neues Abgeordnetenhaus gewählt.

Lob vom Lobbyverband der Wohnungslosen

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe begrüßte den Masterplan. „Für uns steht das Recht auf eine Wohnung im Mittelpunkt aller Bemühungen“, sagte Geschäftsführerin Werena Rosenke dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Die Verhinderung des Wohnungsverlustes ist die beste Hilfe, deswegen ist die Reform des Berliner Hilfesystems mit den Zielen Wohnungsverlust verhindern und Wohnungslosigkeit beenden, richtig.“

Die Bundesarbeitsgemeinschaft fordere schon lange eine Quotierung bei der Vermietung, sagte Rosenke. Nur wenn festgelegt sei, dass eine bestimmte Anzahl an Wohnungen für wohnungslose Menschen zur Verfügung steht, könne sichergestellt werden, dass Wohnungslose, die in besonderem Maße stigmatisiert seien, eine Chance auf die Wiedererlangung einer eigenen Wohnung haben.

Rosenke verwies zudem darauf, dass die Bundesarbeitsgemeinschaft seit Jahren darauf hinweise, dass es in Deutschland keine Standards in der Notunterbringung gibt. Zuletzt sei durch die Corona-Pandemie mehr als deutlich geworden, welche fatalen Folgen die Unterbringung in großen Schlafsälen, die mangelhafte Hygiene oder gänzlich fehlende Unterbringungsmöglichkeiten für die Betroffenen haben.