Berlin (epd). Seit dem Ende der Wehrpflicht im Jahr 2011 kehrt die Debatte um eine Dienstpflicht für junge Menschen regelmäßig zurück. Vor allem die Union - allen voran die frühere CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer - hatte sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, junge Menschen zu einem Einsatz bei der Bundeswehr oder im sozialen Bereich zu verpflichten. Jetzt brachte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Vorschlag erneut auf. „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Verständnis für andere Lebensentwürfe und Meinungen abnimmt, kann eine soziale Pflichtzeit besonders wertvoll sein“, findet er.
Viele Menschen in Deutschland leisten einen sozialen Dienst bereits freiwillig. Wie man den Daten des Bundesfamilienministeriums entnehmen kann, begannen 2021 mehr als 52.000 Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), weitere rund 3.200 ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). Für diese Freiwilligendienste können sich Jugendliche und junge Erwachsene bis zum Alter von 27 Jahren bewerben.
Auch für Ältere steht der Bundesfreiwilligendienst offen, der nach dem Ende der Wehrpflicht und dem damit verbundenen Aus für den Zivildienst zum Juli 2011 eingeführt wurde. 2021 leisteten der Statistik des Ministeriums zufolge mehr als 37.000 Menschen den „Bufdi“. Hinzu kommt noch der Freiwilligendienst des Auswärtigen Amts.
Wahrscheinlich könnte es sogar noch mehr als die derzeit rund 100.000 Freiwilligen gebe - die Interessenten sind da. Träger forderten in der Vergangenheit wiederholt eine Aufstockung der vorhandenen Plätze. Die Nachfrage sei größer als das Angebot, erklärte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), die eine Verpflichtung für den Dienst ablehnte.
Ablehnung kam auch von der Wehrbeauftragten des Bundestags, Eva Högl (SPD). Sie ist der Auffassung, dass eine Pflicht derzeit auch der Bundeswehr nichts bringt. Angesichts des Krieges in der Ukraine sei das eine „theoretische Diskussion“, denn jetzt helfe die Wiedereinführung einer Wehrpflicht oder die Einführung einer Dienstpflicht nicht, sagte sie dem epd.
9.200 freiwillig Wehrdienstleistende gibt es laut Verteidigungsministerium aktuell. Wie viele davon den noch recht jungen Freiwilligendienst unter dem Titel „Dein Jahr für Deutschland“ leisten, konnte es am 13. Juni nicht beziffern. Die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte ihn eingeführt, um mehr junge Rekruten und Rekrutinnen zu gewinnen. In diesem Freiwilligendienst sind Auslandseinsätze ausgeschlossen.
Man setze auf Freiwilligkeit, sagte auch eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums. Das gilt offenbar für die ganze Bundesregierung, denn Skepsis gegenüber dem Vorschlag des Bundespräsidenten gab es auch aus dem Bildungsministerium und von höchster Stelle, dem Kanzleramt. Der Koalitionsvertrag der Ampel sieht jedenfalls auch keinen verpflichtenden Dienst für junge Menschen vor. Er enthält nur Versprechen für das freiwillige Engagement: „Die Plätze in den Freiwilligendiensten werden wir nachfragegerecht ausbauen, das Taschengeld erhöhen und Teilzeitmöglichkeiten verbessern“, heißt es darin.