Essen (epd). Mit der Erforschung der Begräbniskultur auf den jüdischen Friedhöfen in Deutschland befasst sich ein Forschungsprojekt der Universität Duisburg-Essen. Im Rahmen des auf 24 Jahre angelegten Vorhabens sollen 35 Friedhöfe, 33.600 Grabmale und über 19.000 Inschriften untersucht werden, die einen Zeitraum von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert abdecken, wie die Hochschule am 1. August mitteilte. Ein Team des Salomon-Ludwig-Steinheim-Instituts der Uni Duisburg-Essen wird die Forschungen gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Bamberg durchführen.

In Deutschland gibt es den Angaben zufolge über 2.000 jüdische Friedhöfe, die ältesten gehen auf das 11. Jahrhundert zurück. Sie sind wichtige Zeugnisse jüdischen Lebens. Kein anderes europäisches Land besitze einen vergleichbaren Schatz an Überlieferungen, hieß es.

„Steinerne Zeugen digital“

Das Projekt mit dem Titel „Steinerne Zeugen digital. Deutsch-jüdische Sepulkralkultur zwischen Mittelalter und Moderne - Raum, Form, Inschrift“ wird im Forschungsprogramm der deutschen Wissenschaftsakademien von Bund und Ländern mit jährlich 400.000 Euro gefördert. Erforscht werden soll auch der Friedhof in Köln-Deutz mit seinen 3.300 Grabsteinen. Neben den Inschriften erfassen die Forscher die geographischen Gegebenheiten der jeweiligen Anlage, außerdem die baulichen Merkmale wie das Material, die Formensprache, den Erhaltungszustand der Grabmale und ihre Anordnung.

Das in Essen ansässige Salomon-Ludwig-Steinheim-Institut ist den Angaben zufolge weltweit führend in der Dokumentation und Erforschung jüdischer Friedhöfe und der Erschließung hebräischer Inschriften. Diese Expertise bringt das Team um Institutsleiterin Lucia Raspe in das Großvorhaben ein. Das Steinheim-Institut habe seit 2006 die Datenbank „Epidat“ aufgebaut, erklärte sie. In dieser Online-Edition seien aktuell 50.000 Grabinschriften von 260 Friedhöfen dokumentiert, übersetzt und kommentiert. 80.000 Fotos ergänzen die Edition.

Der aktuelle Bestand der jüdischen Gräber sei in Deutschland von Verfall bedroht. Durch die Arbeit mit dem Archiv und das Forschungsvorhaben solle dazu beigetragen werden, das „kostbare deutsch-jüdische Kulturerbe zu erhalten“.