Berlin (epd). Journalistenorganisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz fordern die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz appellierten sie am 31. Januar in Berlin an die deutsche und die österreichische Bundesregierung sowie den Schweizer Bundesrat, sich in London und Washington für eine Freilassung des Gründers der Enthüllungsplattform Wikileaks einzusetzen und ihm in Deutschland, Österreich oder der Schweiz politisches Asyl zu gewähren.

Assange hatte ab 2010 Kriegsverbrechen der USA im Irak und Afghanistan öffentlich gemacht. Seit April 2019 ist er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London inhaftiert, wo er auf die Entscheidung wartet, ob er von Großbritannien an die USA ausgeliefert wird. Dort drohen ihm wegen seiner journalistischen Arbeit 175 Jahre Haft.

Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, forderte von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), bei seinem Besuch in Washington US-Präsident Joe Biden zu einer Einstellung des Verfahrens zu drängen. Die Koalition habe sich auf eine wertebasierte Außenpolitik verständigt, dazu gehöre auch die Verteidigung der Pressefreiheit, sagte Mihr.

„Julian Assange verdient keine Strafe sondern Dankbarkeit und Solidarität“, sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Frank Überall. Überall und die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Monique Hofmann, warnten vor einem verheerenden Signal an Journalisten und Whistleblower weltweit. „Es ist ungeheuerlich, dass ein demokratischer Staat einen Menschen verfolgt, der Missstände öffentlich macht“, sagte Hofmann.

„Immer häufiger arbeiten Reporter und Reporterinnen in internationalen Kooperationen, immer häufiger geht es um die Veröffentlichung großer Datenpakete“, sagte der Geschäftsführer des Netzwerks Recherche, Günter Bartsch. Missstände aufzudecken sei zentrale Aufgabe der Medien. Eine Auslieferung und Verurteilung von Assange wäre eine reale Gefahr für die Pressefreiheit - auch für deutsche Journalistinnen und Journalisten, warnte Bartsch.

Der weltweit vernetzte investigative Journalismus gefalle den Geheimdiensten nicht, erklärte der frühere Präsident des Österreichischen Journalistenclubs, Fred Turnheim. Bei dem Verfahren gegen Assange gehe es vor allem darum, diesen Journalismus zu schwächen. „Assange freizulassen, bedeutet Pressefreiheit anzuerkennen und zu beschützen“, betonte deshalb Pierre Ruetschi, Geschäftsführer des Club Suisse de la Presse/Geneva Press Club.

In einer Videobotschaft schlug der Investigativjournalist und Schriftsteller Günter Wallraff Assange und den in Russland inhaftierten russischen Kremlkritiker Alexej Nawalny für den Friedennobelpreis vor. Beide stünden für Aufklärung, der eine im Westen, der andere im Osten, sagte Wallraff, der bereits im Februar 2020 einen überparteilichen Aufruf zur Freilassung von Assange initiiert hatte. Auch Wallraff warnte, mit Assange solle ein Präzendenzfall für den Aufdeckungsjournalismus insgesamt geschaffen werden.