Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat im Zusammenhang mit dem Rücktritt des Direktors des Jüdischen Museum Berlin, Peter Schäfer, den Vorwurf zurückgewiesen, der verlängerte Arm der israelischen Regierung zu sein. Wer dies behaupte, irre, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine" (Online). Er habe zu keinem Zeitpunkt den Rücktritt Schäfers gefordert. Es habe allerdings bereits vor dem vom Zentralrat kritisierten Tweet, der letztlich zum Rücktritt Schäfers führte, Entwicklungen im Jüdischen Museum gegeben, die ihn besorgt hätten, sagte Schuster weiter.

Zugleich warf Schuster dem Museum vor, sich einseitig politisch positioniert zu haben, "wie zum BDS‐Beschluss des Bundestages". Dafür habe er kein Verständnis, sagte der Zentralratspräsident.

Auch der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, wies Vorwürfe von Einflussnahme der israelischen Regierung zurück. Zuletzt sei der falsche Eindruck erweckt worden, Israel versuche, deutsche kulturelle Institutionen zu zensieren und die künstlerische und intellektuelle Autonomie des Jüdischen Museums Berlin einzuschränken, schrieb Issacharoff in einem Beitrag für den Berliner "Tagesspiegel" (26. Juni).

"Das Maß ist voll"

Der bisherige Museumsdirektor Schäfer war vor zwei Wochen nach harscher Kritik des Zentralrates zurückgetreten. Aktueller Auslöser der Kritik von Zentralratspräsident Schuster am Museum war eine Leseempfehlung der Museums-Pressestelle über Twitter. Darin wurde auf einen Zeitungsartikel über eine Erklärung israelischer und jüdischer Wissenschaftler verwiesen, die einen Beschluss des Bundestages kritisierten, in dem das Parlament die israelkritische BDS-Bewegung als antisemitisch bezeichnet. BDS fordert den Boykott Israels sowie Sanktionen wegen der Besatzungspolitik. Das Jüdische Museum Berlin soll nun bis Frühjahr 2020 eine neue Leitung bekommen.

Schuster hatte am 11. Juni in einer Reaktion auf die per Twitter verbreitete Leseempfehlung selbst in einem Tweet geschrieben, "das Maß ist voll. Das Jüdische Museum Berlin scheint gänzlich außer Kontrolle geraten zu sein." Es dränge sich die Frage auf, ob Direktor Schäfer seiner Aufgabe noch gewachsen sei und wer eigentlich die Leitlinien des Jüdischen Museums vorgebe.

Issacharoff erklärte, "in demokratischen Gesellschaften sind Museen dazu da, Besucher mit kulturellem Wissen auszustatten, und nicht dazu, Menschen politisch zu indoktrinieren". Schuster unterstrich, "was ich als problematisch erachte, ist die politische Haltung, die durch das Jüdische Museum vertreten wurde". Selbstverständlich dürfe und soll ein Museum Ort des Austauschs und der Debatte sein. Weiter betonte er, er habe zu keinem Zeitpunkt Schäfer Antisemitismus vorgeworfen.

"Großer Freund Israels"

Der Präsident des Goethe-Institutes, Klaus-Dieter Lehmann, äußerte Bedauern über den Rücktritt Schäfers. Dieser sei "ein großer Freund Israels", ein "Judaist von internationaler Reputation" und ein profunder Kenner der jüdischen Geschichte. Schäfer habe im Judentum "nicht nur den Geist des Glaubens, sondern auch den der Kritik" gesehen und das Museum "als Ort einer liberalen, manchmal auch kontroversen Diskussion" begriffen. Damit habe Schäfer ein ideales Forum geschaffen, "um über aktuelle Fragen von Religion, Kultur und Politik zu reflektieren". Zuvor hatten sich schon zahlreiche Museumsdirektoren, Wissenschaftler und Kulturschaffende aus Israel, Europa und den USA mit Schäfer solidarisiert.