Kein Material ist mit der Kunst des deutschen Expressionismus stärker verbunden als Holz. Für die drei Gründungsmitglieder der Künstlervereinigung "Brücke" Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), Erich Heckel (1883-1970) und Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) begann die Auseinandersetzung mit diesem ältesten Werkstoff der Menschheitsgeschichte mit dem Holzschnitt, einem drucktechnischen Verfahren, bei dem die Darstellung wie ein Relief in eine meist dünne Holzplatte geschnitten wird. Etwa zeitgleich entstanden erste Holzskulpturen, die in ihrer Bearbeitung formal und inhaltlich auf den Holzschnitt zurückwirkten - und umgekehrt.

Mit der Ausstellung "Geheimnis der Materie. Kirchner, Heckel und Schmidt-Rottluff" will das Frankfurter Städel-Museum vom 26. Juni bis zum 13. Oktober den Wechselbeziehungen zwischen den beiden Medien Holzschnitt und Holzskulptur und dem natürlichen Werkstoff Holz nachspüren, wie Direktor Philipp Demandt hervorhebt. Holz schätzten die Künstler vor allem wegen der Unebenheiten und Maserungen, der unterschiedlichen Faserstruktur und Härte.

"Streben nach Unmittelbarkeit"

Zu sehen sind 98 Holzschnitte, zwölf Skulpturen und fünf Druckstöcke. Der Großteil der gezeigten Werke stammt aus eigenem Bestand, der Sammlung Carl Hagemann. Hinzu kommen Leihgaben unter anderem aus dem Brücke-Museum Berlin, dem Stedelijk-Museum in Amsterdam, der Albertina Wien und aus Privatbesitz.

"Die drei Brücke-Vertreter strebten nach künstlerischer Erneuerung, nach mehr Authentizität und Unmittelbarkeit", erläutert die Ausstellungs-Kuratorin Regina Freyberger. Sie hätten gleichsam mit ihrem Rückgriff auf das ursprünglichste aller Materialien gegen die wilhelminische Bürgerlichkeit und den etablierten Kunstbetrieb rebelliert. Dem Holz sei dabei eine "katalytische Rolle" zugekommen, "denn die drei Künstler schufen ihre Holzschnitte ganz bewusst im Dialog mit dem Material und schälten ihre Skulpturen aus zum Teil gefundenen Holzstämmen geradezu heraus."

Der in Aschaffenburg geborene Kirchner testete bei seinen Farbholzschnitten die Grenzen und Möglichkeiten der Technik aus: Er arbeitete mit mehreren, teils zersägten Druckstöcken, variierte die Druckreihenfolge der Farben und benutzte statt der Walze oftmals den Pinsel. Seine Motive fand Kirchner wie auch Heckel und Schmidt-Rottluff in der unmittelbaren Umgebung. Wiederkehrendes Thema war der Mensch, oftmals der weibliche, stehend, sitzend, kniend und in Bewegung. Die Ausstellung zeigt etwa die Arbeit "Badende Frauen" aus dem Jahr 1909, die Skulptur "Mutter und Kind" (1924) und den Holzschnitt-Zyklus "Schlemihl" (1915) nach der Erzählung von Adelbert von Chamisso. Zu sehen ist auch der Holzschnitt "Farbentanz" aus dem Jahr 1933 mit den noch erhaltenen drei Druckstöcken.

Maserung als Stilmittel

Der im sächsischen Döbeln geborene Heckel gilt unter den Brücke-Künstlern als der Lyrische, der In-sich-Gekehrte. Knapp 15 Jahre beschäftigte sich der Autodidakt mit dem Holzschnitt und der Holzbildhauerei. In Frankfurt sind etwa eine ganze Reihe Mädchen- und Frauenakte versammelt sowie die großen Skulpturen "Trägerin" (1907), "Frau mit Tuch" (1912), "Frau" und "Stehende mit aufgestütztem Kinn" (beide 1913), die aus Erlen-, Akazien- und Ahornholz herausgearbeitet sind.

Der bei Chemnitz geborene Schmidt-Rottluff arbeitete im Holzschnitt fast ausschließlich in Schwarz und in großer Flächigkeit. Dafür setzte er die Maserung des Holzes gezielt als eigenes Stilmittel ein, wie das Blatt "Köpfe" (1911) anschaulich macht. Die Druckstöcke bearbeitete er vereinzelt als Reliefs weiter und sägte sie später wie Stempel auf das zu druckende Motiv zu. Anders als Kirchner und Heckel konnte er jedoch der Aktdarstellung nicht viel abgewinnen. Seine Themen sind Landschaften und verfremdete Gesichter und Köpfe aus den Jahren während und nach dem Ersten Weltkrieg, wie das Bildnis seiner Mutter aus dem Jahr 1916.