sozial-Politik

Niedersachsen

Landtag löst Pflegekammer auf



Der niedersächsische Landtag hat das endgültige Ende der Pflegekammer beschlossen. Während die Gegner das Aus begrüßen, kritisieren die Befürworter, dass den Pflegenden nun eine starke Stimme fehlt.

Der niedersächsische Landtag hat am 28. April mit großer Mehrheit ein Gesetz zur Auflösung der Landespflegekammer beschlossen. Lediglich die Grünen stimmten gegen das Gesetz, mit dem das Aus der von Anfang an umstrittenen berufständischen Vertretung für die Pflegekräfte im Land besiegelt ist. "Die Pflegekammer wird nach schwierigen Debatten zwischen den vielen Akteuren in den vergangenen Jahren heute beerdigt", sagte Sozialministerin Daniela Behrens (SPD). Die Pflegekammer habe es nicht geschafft, die Akzeptanz der Pflegenden zu gewinnen.

Das Gesetz sieht vor, dass der Kammer nach dem Inkrafttreten noch sechs Monate Zeit bleiben, um ihre Abwicklung wie etwa das Kündigen von Verträgen zu erledigen. Sprecher der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP begrüßten, dass die Arbeit der Ethikkommission der Kammer fortgesetzt werden soll. Die noch verbliebenen Aufgaben soll das Land als Rechtsnachfolgerin übernehmen. So wird das Sozialministerium die Aus- und Weiterbildungsverordnung für die Pflegeberufe übernehmen und weiterentwickeln.

"Neue Interessenvertretung orgaisieren"

Susanne Victoria Schütz von der FDP-Fraktion begrüßte das Aus für die Einrichtung: "Die FDP war nie ein Fan der Pflegekammer." Volker Meyer (CDU) sagte, nun müsse es darum gehen, eine neue Interessensvertretung zu organisieren, die das Vertrauen der Pflegekräfte genieße. Meta Janssen-Kucz von den Grünen machte die Landesregierung für das Scheitern mitverantwortlich. Als Gründe nannte sie die fehlende Anschubfinanzierung und mangelnde Unterstützung durch das Sozialministerium.

Der sozialpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Uwe Schwarz, sprach von einer "beispiellosen ideologischen Treibjagd" gegen die Kammer. "Ich habe so etwas noch nicht erlebt." Mitarbeitende der Kammer seien mit schlimmsten Hassbotschaften überzogen worden. "Die Gegner der Kammer haben gewonnen. Ob die Pflege auch gewonnen hat, wage ich zu bezweifeln."

Die Präsidentin der Pflegekammer, Nadya Klarmann, sprach in einem Statement von einer "großen Enttäuschung" für "alle, die sich in den vergangenen Jahren ehrenamtlich und hauptamtlich für den Aufbau einer Selbstverwaltung der Pflegefachberufe eingesetzt haben". Die Kammer konzentriere sich nun auf die Abwicklungsaufgaben. Dazu zählten auch die Rückzahlung der geleisteten Beiträge für die Jahre 2018 und 2019 an die Mitglieder und die Sicherstellung der Weiterbildungen in den Pflegefachberufen.

Bundespflegekammer: Unverantwortlicher Schritt

Markus Mai vom Präsidium der Bundespflegekammer in Berlin wertete die Landtagsentscheidung als "Schlag ins Gesicht" all jener, die sich für die niedersächsische Pflegekammer engagiert hätten. "Wir lehnen diesen Schritt nach wie vor ab und finden ihn in höchstem Maße unverantwortlich, müssen aber erkennen, dass der Zug mit der derzeitigen Landesregierung abgefahren ist." Mai appellierte an die Landesregierung, das pflegerische Angebot und die Qualität der Versorgung zu sichern. "Denn die Probleme verschwinden ganz sicher nicht mit der Auflösung der Pflegekammer."

Die Pflegekammer Niedersachsen mit rund 78.000 Pflichtmitgliedern war Anfang 2017 als Interessensvertretung der Pflegebeschäftigten errichtet worden. Von Beginn an entzündete sich jedoch Kritik an der Einrichtung. Bemängelt wurde unter anderem die Höhe der Kammerbeiträge. Nach einem Mitgliederentscheid im vergangenen Jahr hatte die Landesregierung beschlossen, die Kammer aufzulösen.

Karen Miether