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Bundesregierung

Gleichwertige Lebensverhältnisse: Minister ziehen Zwischenbilanz




Luftaufnahme der Plattenbauten in Halle-Neustadt
epd-bild/Steffen Schellhorn
Noch gibt es nur kleine Erfolge wie die Ansiedlung einzelner Einrichtungen in strukturschwachen Regionen. Doch die Bundesregierung hat einen Anfang gemacht, um die Spaltung in abgehängte Gebiete und Boomregionen nicht noch größer werden zu lassen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach vom "Herzstück unserer Heimatstrategie", Familienministerin Franziska Giffey (SPD) von "mehr Miteinander" und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) von "Gießkanne war gestern". Gemeinsam stellten die drei Minister am 28. April in Berlin die Zwischenbilanz der Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse vor. Es gebe erste Erfolge, sagten sie, aber weiterhin auch enorme Unterschiede und eine Spaltung in der Gesellschaft, die sich durch die Corona-Pandemie, noch verstärkt habe, schilderte Giffey.

Während sie die soziale Spaltung in den Vordergrund rückte, blickte Seehofer auf die regionalen Unterschiede. Strukturschwache Regionen gebe es nicht nur im Osten Deutschlands, sondern überall, sagte er. Damit die Menschen dort leben könnten, wo sie leben wollen, müsse aber die Daseinsvorsorge funktionieren und die Infrastruktur stimmen. Die Koalition hatte bei ihrem Regierungsantritt 2018 eine Strategie vereinbart, um abgehängte Regionen zu fördern, die Abwanderung junger Menschen zu verhindern und den Druck auf die großen Städte zu verringern.

Neue Jobs durch Behördenansiedlung

Zu den Maßnahmen des Bundes zählt die Ansiedlung von Behörden und Einrichtungen in strukturschwachen Regionen, wie etwa der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt im brandenburgischen Neustrelitz. Dadurch sollen Seehofer zufolge 15.000 Arbeitsplätze entstehen.

Giffey betonte, dass der Bund über das Jahr 2022 hinaus, wenn die bisherige Kita-Förderung auslaufe, weiter Verantwortung übernehmen werde und auch den Umbau der Grundschulen zu Ganztagseinrichtungen fördern werde.

Landwirtschaftsministerin Klöckner zählte zu den ersten Erfolgen der Strategie für gleichwertige Lebensverhältnisse, dass Förderprogramme sehr viel gezielter als bisher auf den Bedarf einzelner Dörfer, Gemeinden und Regionen zugeschnitten würden. "Wir wollen uns nicht damit abfinden, dass Regionen sich abgehängt fühlen", sagte sie. Über das Bundesprogramm für ländliche Entwicklung würden regionale Wirtschaftskreisläufe gefördert, etwa die Vor-Ort-Vermarktung. Wenn der Ausbau von schnellem Internet weiter vorankomme, werde das Land auch als Arbeitsort wieder attraktiver, sagte Klöckner. Das zeige sich bereits in der Pandemie.

Seehofer: Ein Anfang ist gemacht

Seehofer bilanzierte, seit zwei Jahren werde in allen Ressorts geprüft, ob Gesetze und Vorhaben dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse dienten. Ein Anfang sei gemacht, aber in der Pandemie seien die Herausforderungen noch einmal sichtbarer geworden. Auch die nächste Regierung müsse intensiv daran arbeiten, die Ungleichheit zwischen den Regionen zu verringern, sagte Seehofer: "Sonst wachsen uns die Probleme über den Kopf".

Die Bundesregierung hatte nach der vorigen Bundestagswahl zunächst eine Regierungskommission eingesetzt und im Juli 2019 auf Basis von deren Ergebnissen Maßnahmen in zwölf Aufgabenfeldern beschlossen, um strukturschwache Regionen zu fördern. Dazu zählen die Neuausrichtung von Förderprogrammen, die Ansiedlung von Behörden, Forschungseinrichtungen und Start Ups, Investitionshilfen des Bundes für den Nahverkehr, die Wiederbelebung von Ortskernen, der Mobilfunk- und Breitbandausbau sowie die Förderung ehrenamtlicher Arbeit.

Bettina Markmeyer