Berlin (epd). Die FDP hat Verfassungsbeschwerde gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes eingelegt. Wie der Parlamentarische Geschäftsführer der Liberalen im Bundestag, Marco Buschmann, in Berlin mitteilte, wurde sie am 27. April beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Sie richtet sich nach seinen Worten gegen drei Punkte des Gesetzes, das mehr Befugnisse für den Bund bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie vorsieht. Einer davon sind die nächtlichen Ausgangssperren. Die FDP-Bundestagsfraktion ist nicht die einzige Klägerin gegen die "Corona-Notbremse". Insgesamt 111 Verfahren sind bis dato in Karlsruhe eingegangen, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte.
Ein Entscheidungstermin sei noch nicht absehbar, hieß es vonseiten des Bundesverfassungsgerichts. Die Beschwerde der Abgeordneten der FDP-Fraktion ist Buschmann zufolge ergänzend in Form eines sogenannten Eilrechtsschutzes eingereicht, um eine möglichst schnelle Entscheidung zu bekommen. Bei einer Entscheidung in der Sache in zwei Jahren sei die Pandemie hoffentlich vorbei, sagte Buschmann.
Die Ausgangssperre kritisiert die FDP als unverhältnismäßig. Verhältnismäßig sei sie nur dann, wenn sie einen sinnvollen Beitrag zur Reduzierung der Infektionen leisten könne, sagte Buschmann. Dem widerspricht die FDP. Dem Schriftsatz der Beschwerde seien entsprechende Studien beigefügt.
Die Beschwerde richtet sich zudem gegen die Weitergeltung von Beschränkungen für vollständig Geimpfte, von denen laut Robert Koch-Institut kaum noch Ansteckungsgefahr ausgeht. Buschmann verwies dabei als Beispiel auf Kontaktbeschränkungen in Pflegeheimen. Bund und Länder hatten bei ihrem Treffen am Montag keinen Beschluss über Freiheiten für Geimpfte gefällt. In der nächsten Woche will das Bundeskabinett über eine entsprechende Verordnung beraten. Es wird aber voraussichtlich bis Ende Mai dauern, bis Bundestag und Bundesrat sie verabschieden können. Das dauert der FDP zu lang.
Der Prozessbevollmächtigte für die Beschwerde der FDP, Thorsten Kingreen, ist zudem überzeugt, dass der Bundesrat dem Gesetz hätte zustimmen müssen. Die Länder würden wegen der im Gesetz festgehaltenen "Notbremse" nicht mehr über Schulschließungen entscheiden, müssten aber den Erwerbsausfall entschädigen. Damit sei das Gesetz formell zustimmungspflichtig. Das Gesetz passierte den Bundesrat als Einspruchsgesetz. Statt einer Mehrheit von Ja-Stimmen für das Inkrafttreten wäre also eine Mehrheit ablehnender Stimmen für das Aufhalten des Gesetzes erforderlich gewesen.
Die bis Ende Juni befristete Änderung des Infektionsschutzgesetzes definiert als "Corona-Notbremse", dass mehr bei als 100 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen in einem Landkreis automatisch Beschränkungen gelten, darunter auch die nächtliche Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr. Ab einer Inzidenz von 165 müssen Schulen schließen. Das Gesetz wurde am vergangenen Mittwoch vom Bundestag beschlossen. Gleich nach der Beratung im Bundesrat am Donnerstag hatten die Freien Wähler eine Verfassungsbeschwerde gegen die Regelung angekündigt. Sie richtet sich zentral gegen die Ausgangssperre.