Karlsruhe, München (epd). Mittellose Menschen müssen für ihren Infektionsschutz FFP2-Masken tragen können. Das stelle einen "unabweisbaren Hygienebedarf" und damit im jeweiligen Einzelfall einen Mehrbedarf für Arbeitslosengeld-II-Bezieher dar, den die Jobcenter sicherzustellen haben, entschied das Sozialgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 11. Februar. Das Sozialgericht München wies dagegen in einer am 15. Februar veröffentlichten Entscheidung den Antrag eines Sozialhilfebeziehers auf höhere Sozialleistungen wegen des erforderlichen Kaufs von FFP2-Masken ab. Der Maskenkauf könne aus dem regulären Sozialhilfesatz finanziert werden.
Im Karlsruher Verfahren hatte ein Hartz-IV-Bezieher bei seinem Jobcenter zusätzliches Geld für den Kauf von FFP2-Masken geltend gemacht. Die an vielen öffentlichen Orten vorgeschriebenen Masken könnten vom regulären Arbeitslosengeld II nicht finanziert werden, lautete seine Argumentation.
Das Sozialgericht stimmte dem zu und sprach dem Mann bis zum Sommeranfang am 21. Juni monatlich 20 FFP2-Masken zusätzlich zum Regelsatz als Sachleistung oder alternativ monatlich 129 Euro zum eigenen Kauf der Masken zu. Denn ohne die Masken seien Hartz-IV-Bezieher "in ihrem Grundrecht auf sozialer Teilhabe in unverhältnismäßiger Weise beschränkt".
Im Münchener Fall muss dagegen ein schwerbehinderter Sozialhilfebezieher die FFP2-Masken aus seiner regulären Sozialhilfe bezahlen. Auch er hatte einen höheren Regelbedarf wegen des verpflichtenden Tragens von FFP2-Masken beansprucht. Monatlich brauche er mindestens zwölf Masken. Er legte ein Online-Angebot von 5,99 Euro pro FFP2-Maske vor und rechnete mit 78,88 Euro pro Monat an zusätzlichen Kosten.
Dieser Rechnung folgte das Münchener Gericht nicht. Zwar habe der Antragsteller einen Monatsbedarf von zwölf Masken. Allerdings gebe es im Online-Handel schon für nur einen Euro eine FFP2-Maske. Pro Monat fielen damit zwölf Euro an Kosten an.
"Das ist kein Fehlbetrag, der eine aktuelle Notlage verursacht", so das Gericht. Diese Mehraufwendungen könnten durch Minderausgaben in anderen Bedarfsbereichen ausgeglichen werden, zumal einige Bedarfe wegen der Pandemie teilweise weggefallen sind, etwa im Bereich Freizeit, Unterhaltung und Kultur.
Mittlerweile können Hartz-IV-Bezieher nach der neuen Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung zwischen dem 16. Februar und dem 6. März zehn FFP2-Masken kostenlos in den Apotheken erhalten. Ab Mai 2021 ist zudem ein einmaliger Corona-Zuschlag für Bedürftige wie Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld-II-Bezieher in Höhe von 150 Euro geplant. Der soll die finanziellen Belastungen während der Corona-Pandemie abmildern.
Az.: S 12 AS 213/21 ER (Sozialgericht Karlsruhe)
Az.: S 46 SO 29/21 ER (Sozialgericht München)