sozial-Recht

Oberverwaltungsgericht

Abschiebungen nach Griechenland vorerst gestoppt



Flüchtlinge müssen bei einer Abschiebung nach Griechenland mit "extremer materieller Not" rechnen. Weil dort die Gefahr besteht, dass sie "ihre elementarsten Bedürfnisse für einen längeren Zeitraum nicht befriedigen können", dürfen vorerst keine Abschiebungen stattfinden, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in zwei am 26. Januar in Münster bekanntgegebenen Urteilen.

Geklagt hatte ein eritreischer und ein aus Syrien stammender palästinensischer Flüchtling. Ihre in Deutschland gestellten Asylanträge hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als unzulässig abgelehnt. Sie hätten bereits in Griechenland internationalen Schutz erhalten. Ihnen wurde daher die Abschiebung dorthin angedroht.

Anträge hätten nicht scheitern dürfen

Das OVG urteilte, dass die Asylanträge nicht hätten abgelehnt werden dürfen. Denn den Flüchtlingen drohe derzeit "für den Fall ihrer Rückkehr nach Griechenland die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung". Sie würden unabhängig von ihrem Willen dort in eine Situation "extremer materieller Not" geraten.

So würden nicht genug Wohnungen oder Obdachlosenunterkünfte zur Verfügung stehen. In Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber könnten sie auch nicht unterkommen. Sozialhilfeleistungen gebe es frühestens ab einem zweijährigen dauerhaften Aufenthalt, der durch Steuererklärungen nachzuweisen sei. Angesichts der derzeitigen Wirtschaftslage in Griechenland und einer Arbeitslosenquote von 20 Prozent gebe es auch keine Aussicht auf eine Beschäftigung. Hinzu kämen noch die mangelnde Beherrschung der griechischen Sprache und das Fehlen einer beruflichen Qualifikation der Flüchtlinge, erläuterten die Richter.

Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl bewertete die Urteile als "wegweisend". "Die Urteile aus Münster stehen in einer Reihe von positiven Gerichtsentscheidungen, die die Verelendung und Gefährdung von Flüchtlingen in Griechenland adressieren. Alle Abschiebungen von Flüchtlingen nach dorthin müssen gestoppt werden", sagte Karl Kopp, Leiter der Europaabteilung bei Pro Asyl.

Az.: 11 A 1564/20.A und 11 A 2982/20.A