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Fachkräfte: Studie zeigt hohes Potenzial für Rückkehr in den Job



Der Fachkräftemangel in der Pflege scheint vor allem ein Mangel an Pflegefachkräften zu sein, die bereit sind, zu den derzeitigen Bedingungen im Job zu arbeiten. Das ist die Bilanz einer Befragung, die zeigt: In der Pflege muss sich viel ändern.

Unter besseren Arbeitsbedingungen würden viele Pflegekräfte wieder in ihren Job zurückkehren oder Stunden aufstocken. Das ist das Ergebnis einer Befragung der Arbeitnehmerkammer Bremen und des Forschungszentrums Ungleichheit und Sozialpolitik "Socium" der Universität Bremen, die am 3. Februar vorgestellt wurde. Alleine im Land Bremen stünden unter diesen Bedingungen bis zu 1.500 ausgebildete Pflegefachkräfte zusätzlich zur Verfügung, lautet die Bilanz der Studie. Hochgerechnet auf ganz Deutschland ergäbe dies theoretisch ein Potenzial von mehr als 170.000 Vollkräften.

Für die Studie wurden mehr als 1.000 Pflegekräfte vor allem aus Bremen, Bremerhaven und Niedersachsen befragt. Mit Blick auf eine Rückkehr in den Job oder eine Stundenaufstockung komme es ihnen vor allem auf Anerkennung durch ein höheres Gehalt an sowie auf weniger Zeitdruck durch mehr Personal, verdeutlichte Studienleiterin Jennie Auffenberg. Auch verlässliche Arbeitszeiten, Präventionsangebote zum Umgang mit psychischen Belastungen, betriebliche Mitbestimmung und mehr Wertschätzung durch Vorgesetzte seien ihnen wichtig.

Hoher Anteil unter Bedingungen rückkehrwillig

Unter den passenden Bedingungen würden Auffenberg zufolge mehr als 50 Prozent der Teilzeitkräfte ihre Arbeitszeit aufstocken. Knapp 60 Prozent der ausgestiegenen Pflegekräfte würden in ihren Beruf zurückkehren. Der zukünftige Mehrbedarf an Fachkräften werde bundesweit auf mindestens 130.000 Vollkräfte in der Langzeitpflege und 100.000 in der Krankenpflege geschätzt, hieß es.

Die Corona-Pandemie habe die elementare Bedeutung des Pflegepersonals für eine gute Gesundheitsversorgung deutlich vor Augen geführt, sagte Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer. Dass das Pflegepersonal jedoch trotz stetig steigender Ausbildungszahlen knapp sei, liege hauptsächlich an den hohen Belastungen und der Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen: "Viele Pflegekräfte erkranken, werden frühzeitig verrentet, verringern ihre Arbeitsstunden oder verlassen ihren Beruf."

So führt die Arbeitsbelastung der Untersuchung zufolge im Land Bremen dazu, dass durchschnittlich etwa ein Viertel der Auszubildenden in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in der Altenpflege ihre Ausbildung abbrechen. Weitere knapp 25 Prozent eines Jahrgangs verließen in den ersten fünf Jahren nach der

Auf die Arbeitsbedingungen kommt es an

Verbesserte Arbeitsbedingungen motivierten nicht nur ausgestiegene Fachkräfte und Teilzeitpflegekräfte, sagte Schierenbeck. "Sie werden sich auch für alle anderen Pflegekräfte positiv auswirken und können zum Verbleib im Beruf beitragen." Das setze eine grundlegende Veränderung der Finanzierungsgrundlagen voraus. Auffenberg erwähnte in diesem Zusammenhang eine Rückkehr zum alten System kostendeckender Klinik-Pflegesätze, eine Bürgerversicherung und eine Begrenzung des Eigenanteils in der Pflegeversicherung.

In Zusammenarbeit mit der Arbeitskammer des Saarlandes will die Bremer Arbeitnehmerkammer die Befragung noch in diesem Jahr wiederholen, um dann bundesweite Daten zu erheben. Ergebnisse sollen im nächsten Winter vorliegen.

Dieter Sell


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