

Fulda (epd). Erwachsene Flüchtlingskinder, die eine Lehre machen, müssen für einen eigenen Kindergeldanspruch nicht erst nach dem Aufenthaltsort ihrer Eltern in ihrem Heimatland suchen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen erhalten Kinder das Kindergeld an sich selbst ausgezahlt, wenn sie Vollwaise sind oder sie den Aufenthalt der eigentlich kindergeldberechtigten Eltern nicht kennen, entschied das Sozialgericht Fulda in einem am 4. Januar veröffentlichten Urteil. Dem Flüchtlingskind sei es nicht zuzumuten, über Suchdienste - etwa beim Deutschen Roten Kreuz - den unbekannten Aufenthaltsort der Eltern zu ermitteln, befand das Gericht.
Im Streitfall reiste der aus Syrien stammende Kläger im Oktober 2015 als Kind ohne seine Eltern nach Deutschland. Er wurde als Flüchtling anerkannt und erhielt eine Aufenthaltserlaubnis. Der Landkreis Fulda beantragte als Grundsicherungsträger für ihn Kindergeld, was auch zunächst gewährt wurde.
Als der Flüchtling ein Studium begann, verlangte die Kindergeldstelle Angaben über den Aufenthaltsort seiner Eltern, weil nicht ihm, sondern grundsätzlich ihnen das Kindergeld zustehe.
Der Flüchtling gab an, dass seine Mutter verstorben und der Aufenthaltsort seines Vaters in Syrien angesichts des Bürgerkrieges unbekannt sei. Er habe das letzte Mal im September 2015 Kontakt zu ihm gehabt, so der Mann.
Daraufhin wurde die Kindergeldzahlung verweigert. Kindergeld an das Kind selbst könne unter anderem nur gewährt werden, wenn es Vollwaise ist oder der Aufenthalt der eigentlich kindergeldberechtigten Eltern unbekannt ist. Hier habe der Flüchtling aber gar nicht belegt, dass er überhaupt nach seinem Vater in Syrien gesucht habe.
Doch auf fehlende oder unzureichende Bemühungen, den Aufenthaltsort des Vaters in Syrien zu ermitteln, kommt es für den Kindergeldanspruch nicht an, urteilte das Sozialgericht. Ebenso wie bei Vollwaisen verfolge der Gesetzgeber bei Kindern, die den Aufenthaltsort ihrer Eltern nicht kennen, das Ziel, dass ihnen der Kindergeldanspruch nicht verloren geht. Hier sei es angesichts des vom Bürgerkrieg zerstörten Syriens und der dort fehlenden Verwaltung und Infrastruktur zudem gar nicht realistisch, den Aufenthaltsort des Vaters zu ermitteln.
Auch die Inanspruchnahme des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuz sei nicht zumutbar, weil die syrischen Behörden das zum Anlass für weitere Verfolgungsmaßnahmen nehmen könnten. Der Kläger könne daher für sich selbst das Kindergeld beanspruchen, so das Urteil.
Az.: S 4 KG 1/20