sozial-Branche

Corona

"Weihnachtsessen to go" statt gemeinsamer Feier




Eine Feier mit 3.000 obdachlosen Menschen, wie hier 2018, ist in diesem jahr nicht möglich.
epd-bild/Rolf Zöllner
Abstands- und Hygieneregeln gelten auch an Weihnachten. Während es für Familienfeiern Ausnahmen von den Corona-Einschränkungen geben soll, wird es Gemeinschaftsfeiern für Bedürftige und Einsame nicht geben. Doch Alternativen sind geplant.

Wer an den Weihnachtstagen einsam ist, das Fest aber trotzdem im Gemeinschaft verbringen möchte, hat vielerorts die Möglichkeit, sich einer öffentlichen Weihnachtsfeiern anzuschließen. Normalerweise. Doch solchen Plänen macht Corona oft ein Ende. So muss etwa die Weihnachtsfeier der ökumenischen Gemeinschaft Sant'Egidio in Würzburg, zu der in den vergangenen Jahren bis zu 1.500 Bedürftige, Geflüchtete, Einsame kamen, ausfallen. Es gibt keine Feier, dafür ein "To go"-Angebot. Das bieten sie in Nürnberg beim Obdachlosenfrühstück schon länger an.

Seit mehr als 30 Jahren ist das Obdachlosenfrühstück eine Institution der Nürnberger Innenstadt-Kirchengemeinden. Eine Erfolgsgeschichte aus traurigem Anlass. Und die gerät in diesem Jahr noch ein Stückchen trauriger. Rund 300 Menschen kommen seit Mitte März zum "Obdachlosenfrühstück to go" an das Nürnberger Haus der Kirche "eckstein" für ein warmes Getränk und eine Tüte Lebensmittel. An Heiligabend werden doppelt so viele erwartet, auch, weil die Feier für sozial Schwache in St. Jakob am 24. Dezember wegen Corona aus Platzgründen nicht möglich ist. Im eckstein soll es diesmal zusätzlich für die Gäste auch eine warme Mahlzeit zum Mitnehmen geben.

Der 25. Dezember ist wieder ein Freitag. Auch dann werden Projektkoordinatorin, Diakonin Ute Kollewe, und ihr Team den Menschen in der Schlange Tüten packen. "Das sind Leute wie Du und ich, sie haben eine Würde, und wir wollen sie auch so behandeln", erläutert Kollewe.

Ersatz für Feier auch in München

In München arbeitet der Katholische Männerfürsorgeverein an einem Ersatz für die Obdachlosen-Weihnachtsfeier. Die findet traditionell an Heiligabend im Hofbräuhaus statt. Rund 700 Gäste werden normalerweise von über 100 Ehrenamtlichen bewirtet, unter den geltenden AHA-Regeln ist das undenkbar. "Unser Plan war, das Essen in die Olympiahalle zu verlegen, um genug Platz zu haben", so die Organisatoren der Männerfürsorge. Das wurde nicht genehmigt. Man arbeite nun an einer "to go"-Variante.

Auch in der evangelischen Matthäuskirche am Sendlinger Tor gibt es für gewöhnlich ein Festessen für rund 350 Bedürftige. Dort hilft traditionell Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm beim Verteilen von Schweinebraten und Knödel mit. Man tue, "was möglich ist", sagt Pfarrer Thomas Römer von den Matthäusdiensten. Es werde einen gemeinsamen Gottesdienst am Mittag geben, anschließend bekommen ungefähr 150 Gäste ein Essen mit. "Unsere Idee, dass verschiedene Menschen unterschiedlicher Herkunft gemeinsam an einem Tisch sitzen, können wir momentan nicht leben", sagt er.

Verein Strohhalm bieten Mitnahme-Essen

Auch in Regensburg wird es an Heiligabend nur "to go"-Varianten für Obdachlose und Hilfsbedürftige geben. Der Verein Strohhalm bereitet ab 14 Uhr ein warmes Drei-Gänge-Menü zum Mitnehmen. Rund 70 Gäste würden dort normalerweise von Ehrenamtlichen bewirtet. Aufgrund der Abstands- und Hygieneregeln sei das in den Vereinsräumen nicht möglich. Auch die Innenstadtseelsorge ist an Heiligabend aktiv. Nach einem Gottesdienst um 13.30 Uhr in der Basilika St. Emmeram werden im Pfarrgarten Essenpakete an etwa 100 Obdachlose und Hilfsbedürftige überreicht.

In Würzburg ist für viele bedürftige und einsame Menschen das Weihnachtsfest von Sant'Egidio am 25. Dezember jedes Jahr ein Höhepunkt. "Wir machen uns viele Gedanken und planen eifrig", wie man trotz Corona ein bisschen Weihnachtsstimmung erzeugen kann, sagte Sant'Egidio-Vorsitzender Klaus Reder. Momentan sei geplant, die Gäste dezentral in verschiedene Kirchengemeinden im Stadtgebiet einzuladen. Dort soll es laut Reder "einen kurzen Gruß, ein Weihnachtsessen to go und ein Geschenk" geben. Die Helfer der Laienorganisation jedenfalls stünden bereit.

Corona-kompatible Angebote

Um die Corona-Auflagen einhalten zu können, entzerre man das ganze: "Jeder Gast bekommt von uns eine schriftliche Einladung mit einem genauen Ort und einem genauen Zeitpunkt", sagte Reder. Zudem werde man "corona-kompatible Hausbesuche" bei denjenigen machen, die bisher nicht selbstständig zu einer Feier kommen konnten und den Fahrdienst genutzt haben: "Wirklich jeder soll ein nettes Wort, ein Essen und ein Geschenk erhalten." Darüber hinaus plane man "auch noch verschiedene Streaming-Angebote für unsere Gäste" an Weihnachten.

Auch in Stuttgart hat man reagiert. Die Vesperkirche Stuttgart startet am 17. Januar in einer anderen Form. Nach aktuellem Planungsstand soll es in der ältesten Vesperkirche Deutschlands eine warme Mahlzeit zum Mitnehmen geben, und der Kirchenraum werde nur für eine begrenzte Anzahl an Menschen geöffnet. Nach heutigem Stand werde es auch keine Ärzte, Friseure, Fußpflege oder andere Angebote geben, hieß es. Aber wichtig sei letztlich, dass die Vesperkirche, wenn auch unter Corona-Bedingungen, stattfinden könne.

Auch das jährliche Weihnachtsfest für Obdachlose und Bedürftige in Berlin, das seit 1995 von Frank Zander mit seiner Familie organisiert wird, fällt aus. Zander widmet sich mit seinem Team aber einem neuen Projekt: Dem Caritas-Foodtruck. Die fahrende "Suppenküche", die seit Juli warmes Essen in Berlin an Orten verteilt, an denen sich Wohnungslose und Bedürftige aufhalten, ist ein Kooperations-Projekt des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin und dem Catering-Unternehmen Mama and Sons - unter stützt von der "Aktion Mensch". Bis zu 150 Portionen werden pro Tag ausgegeben.

Dank Zanders Hilfe, kann das Fahrzeug wesentlich länger als anfangs geplant unterwegs sein. Und doch werden weiter Spenden benötigt. Je mehr Geld zusammenkommen, desto länger kann der Foodtruck noch rollen. Zander: "Eine wirklich tolle und sinnvolle Sache, wie ich finde und vielleicht schaffen wir es ja sogar mit Hilfe weiterer Spenden, einen zweiten Foodtruck zu finanzieren."

Daniel Staffen-Quandt