Leipzig (epd). Auch bei einer vorherigen Flüchtlingsanerkennung in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat ein Asylsuchender in Deutschland Anspruch auf internationalen Familienschutz. Leben im Bundesgebiet nahe Familienangehörige, die ebenfalls als Flüchtlinge anerkannt worden sind, kann der Asylsuchende hierzulande einen abgeleiteten Schutzstatus geltend machen und eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, urteilte am 17. November das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Im Streitfall wurde der nach eigenen Angaben aus Somalia stammende Kläger in Italien als Flüchtling anerkannt. Trotzdem reiste er nach Deutschland weiter und stellte erneut einen Asylantrag. Seine drei minderjährigen Kinder sowie deren Großmutter, die Mutter des Klägers, reisten nach ihm ebenfalls ins Bundesgebiet ein. Den Kindern wurde inzwischen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Sie haben eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Doch der Vater sollte wieder nach Italien zurück. Sein Asylantrag wurde als unzulässig abgelehnt, weil er bereits in Italien Schutz gefunden habe. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) forderte den Mann zur Ausreise auf, andernfalls werde er nach Italien abgeschoben.
Das Bundesverwaltungsgericht urteilte nun, dass er in Deutschland bleiben darf. Zwar habe der Kläger bereits als Flüchtling in Italien Schutz gefunden. Er könne sich aber in Deutschland auf den im Asylgesetz enthaltenen Anspruch auf "internationalen Familienschutz" berufen. Weil seinen Kindern in Deutschland Flüchtlingsschutz gewährt wurde, könne er als Familienangehöriger einen abgeleiteten Schutzstatus erhalten, befand das Gericht.
Der internationale Familienschutz diene der Förderung der Integration der Familienangehörigen. Der Familienverband solle danach gewahrt werden. Familienangehörige eines hier anerkannten Flüchtlings könnten daher ebenfalls deren asylrechtlichen Schutzstatus erhalten. Dabei spiele es keine Rolle, dass hier der Familienangehörige bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat anerkannt wurde.
Weil die Kinder des Klägers in Deutschland als Flüchtlinge anerkannt wurden, stehe dem Vater in Deutschland internationaler Familienschutz und ein entsprechendes Aufenthaltsrecht zu. Das sei auch mit EU-Recht im Einklang, urteilte das Bundesverwaltungsgericht.
Az.: 1 C 8.19