Karlsruhe (epd). Einem dunkelhäutigen Kollegen bei einem Wortwechsel den Affenlaut "Ugah, Ugah!" an den Kopf zu werfen ist rassistisch und kann zur fristlosen Kündigung führen. Die herabsetzende, "die Menschenwürde antastende Äußerung" ist nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, stellte das Bundesverfassungsgericht in einem am 24. November veröffentlichten Beschluss klar.
Im Streitfall ging es um einen heute 38-jährigen Mann, der seit 2009 Mitglied im Betriebsrat eines Logistikunternehmens im Raum Köln ist. Während einer Betriebsratssitzung im November 2017 lieferte sich der als Serviceagent angestellte Arbeitnehmer mit einem dunkelhäutigen Betriebsratsmitglied ein Wortgefecht. Der Serviceagent ahmte gegenüber seinem Kollegen "Ugah, Ugah"-Affenlaute nach. Dieser bezeichnete den Serviceagenten daraufhin als „Stricher“.
Die rassistischen Äußerungen wollte der Kollege nicht auf sich sitzenlassen. Er beschwerte sich beim Personalleiter und führte an, dass die diskriminierenden Affenlaute eine Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellten.
Dem Serviceagenten wurde fristlos gekündigt. Der Arbeitgeber verwies darauf, dass der Beschäftigte schon mal einen Kollegen beleidigt hatte und daher abgemahnt worden war.
Der Gekündigte erhob gegen seine fristlose Entlassung Klage. Sie sei unverhältnismäßig. Der Umgangston in einem Betriebsrat sei nun mal "hin und wieder flapsig". Alle Betriebsratsmitglieder wollten so die Gesprächsatmosphäre angesichts der teil abstrakten bürokratischen Betriebsratsarbeit auflockern. Dies gehöre zum "gepflegtem Umgangston", so der Kläger.
Doch die Klage hatte bis hin zum Bundesarbeitsgericht (BAG) keinen Erfolg. Zu Recht, befand nun auch das Bundesverfassungsgericht. Die vom Kläger eingereichte Verfassungsbeschwerde sei zum einen wegen einer unzureichenden Begründung unzulässig, zum anderen auch unbegründet. Nachgeahmte Affenlaute gegenüber einem Menschen stellten keine nur derbe Beleidigung dar, sondern seien "fundamental herabwürdigend".
Solch eine menschenverachtende Diskriminierung sei nicht mehr vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Die Menschenwürde werde angetastet, "wenn eine Person nicht als Mensch, sondern als Affe adressiert wird", so die Verfassungsrichter. Die fristlose Kündigung sei gerechtfertigt, zumal das Betriebsratsmitglied bereits einschlägig abgemahnt worden war.
Ähnlich traf es auch eine bereits wegen Beleidigung von Kollegen abgemahnte Kinderkrankenschwester einer Caritas-Einrichtung. Mit Urteil vom 18. Mai 2016 bestätigte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz die fristlose Kündigung der Frau, weil sei eine Kollegin als "faule Sau" bezeichnet und sie mit "Hi, Arschloch" begrüßt hatte. Ein legerer Umgangston sei dies nicht, befand das LAG. Die fristlose Kündigung sei wegen des irreparabel gestörten Betriebsfriedens gerechtfertigt.
Beleidigt dagegen ein Klinikarzt seinen Chef in einer privaten SMS-Kommunikation als "autistisches krankes Arschl...", muss das selbst keine ordentliche Kündigung begründen. Denn die "vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre ist Ausdruck der Persönlichkeit und grundrechtlich gewährleistet", urteilte das LAG Mainz am 22. Januar 2015. Die Kündigung des Arztes war damit unwirksam, weil der damit rechnen konnte, dass die SMS-Nachricht an eine Operationsassistentin auch wirklich vertraulich bleibt.
Diffamierende und rassistische Meinungen führen nach einem Urteil des BAG vom 27. Juni 2019 aber nicht automatisch zu einer fristlosen Kündigung. Abhängig vom Einzelfall könne es dem Arbeitgeber zuzumuten sein, den Beschäftigten abzumahnen und ihn zumindest bis Ablauf der regulären Kündigungsfrist auf einen weniger sicherheitsrelevanten Arbeitsplatz zu versetzen.
Im Streitfall hatte der klagende LKA-Beschäftigte auf Facebook unter anderem Muslime als "Brut" und "Abschaum" bezeichnet. Die fristlose Kündigung war jedoch unwirksam, so das BAG. Eine Abmahnung hätte hier erst einmal ausgereicht.
Im Einzelfall kann nach einem Urteil des LAG Stuttgart auch ein Emoji-Symbol in Schweineform eine fristlose Kündigung begründen. Die Bezeichnung eines Vorgesetzten mit den Worten "das fette" in Kombination mit einem Schweine-Symbol auf Facebook stelle eine schwere Beleidigung dar. Im Streitfall war die fristlose Kündigung jedoch unwirksam, weil der Arbeitnehmer zunächst hätte abgemahnt werden müssen.
Az.: 1 BvR 2727/19 (Bundesverfassungsgericht)
Az.: 4 Sa 350/15 (LAG Mainz, Kinderkrankenschwester)
Az.: 3 Sa 571/14 (LAG Mainz, Klinikarzt)
Az.: 2 AZR 28/19 (BAG)
Az.: 4 Sa 5/16 (LAG Stuttgart)