sozial-Politik

Armut

Das Geld wird bei vielen Bürgern knapp




Schild zur Schuldnerberatung
epd-bild/Werner Krüper
Am Anfang kamen die Menschen wegen abgesagter Urlaubsreisen, heute geht es um existenzielle Ängste: Je länger die Pandemie anhält, desto gravierender werden die finanziellen Probleme. Beratungsstellen können helfen. Aber auch sie kommen an Grenzen.

Wer zu Beginn der Pandemie einen Termin bei den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen ausmachte, hatte rückblickend fast banale Probleme. Es ging um Fragen wie stornierte Urlaubsreisen oder abgesagte Veranstaltungen. In den vergangenen Wochen, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, habe die Zahl der Beratungen bei ernsten finanziellen Problemen aber "besorgniserregend" zugenommen.

10.000 Beratungen pro Monat

Die Beratungsstellen der Verbraucherzentrale sind nicht die einzigen, die die zunehmende finanzielle Not vieler Menschen erleben. Auch wenn die Zahl der Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter und saisonbereinigt die der Arbeitslosen im Juli zurückgegangen ist, gehen die Geldprobleme vieler nicht einfach weg. Zudem sind einige staatliche Hilfen bereits ausgelaufen. So kann Mieterinnen und Mietern seit dem 1. Juli wieder gekündigt werden, wenn sie Zahlungsrückstände nicht begleichen können.

Beim Deutschen Mieterbund drehen sich aktuell rund zehn Prozent der Beratungen um das Thema Corona und Miete, sagte Pressesprecherin Jutta Hartmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das entspreche circa 10.000 Beratungen pro Monat. In den Gesprächen gehe es auch um pandemiebedingte Zahlungsschwierigkeiten. "Die Miete ist in vielen Großstädten und Ballungszentren sehr hoch, so dass sich bereits ein geringerer Einkommensverlust gravierend auswirkt", sagt sie. Viele Menschen seien nach wie vor in Kurzarbeit oder litten unter Einkommenseinbußen. "Die Probleme werden sich daher sicher in den kommenden Monaten verschärfen", warnt sie.

Auch die Schuldnerberatungen der Diakonie rechnen für den Herbst mit einem Ansturm an Hilfesuchenden. Schon jetzt verzeichneten die Beratungsstellen deutlich mehr Anfragen, teilte der evangelische Wohlfahrtsverband mit. Zunehmend kämen auch Menschen mit mittlerem Einkommen und nicht nur solche, die bereits vor der Krise überschuldungsgefährdet waren.

Sicherung von Corona-Soforthilfen

Mit Schuldenproblemen beschäftigt sich auch die Verbraucherzentrale NRW. Es gebe einen deutlichen Anstieg bei den Hilfesuchenden in der Schuldner- und Energiearmutsberatung, sagt Vorstand Schuldzinski. Oftmals gehe es um Beratungen zu Pfändungsschutzkosten. Diese stellen bei einer Kontopfändung sicher, dass ein gewisser Betrag nicht von den Gläubigern eingezogen werden kann. Ratsuchenden gehe es bei diesen Konten oft um die "Sicherung von Corona-Soforthilfen wie dem Pflegebonus, dem Corona-Kinderbonus oder Hilfen für Studierende", sagt Schuldzinski. Ziel der Beratung sei es, dass die Hilfen ihren eigentlichen Zweck erfüllen und nicht zur Schuldentilgung an Gläubiger fließen.

Während finanziell Schwache einige Hilfen nicht mehr in Anspruch nehmen können, gibt es an anderen Stellen Erleichterung. So können Beschäftigte nun bis zu zwei Jahre Kurzarbeitergeld bekommen. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass bei den Hilfestellen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di besonders zu Beginn der Pandemie viel los war. Damals kamen besonders Menschen in schwierigen Arbeitsbedingungen mit Fragen zur Kurzarbeit, zu Kündigungen und zu auslaufenden befristeten Verträgen. "Die Insolvenz vieler kleiner Unternehmen trifft insbesondere Geringqualifizierte und prekär Beschäftigte", sagte ver.di-Pressesprecherin Daniela Milutin. Diese Menschen bräuchten Unterstützung, damit sie ihre Ansprüche und Rechte vertreten können.

Für Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, reicht eine Verlängerung der Kurzarbeit nicht. Die Mietzahlungen müssten ebenso wie die Kredittilgung weiterhin ausgesetzt werden. "Wir dürfen Menschen, die durch die Corona-Krise in die Schuldenfalle geraten sind, in ihrer Not nicht alleine lassen", sagte sie.

Jana-Sophie Brüntjen


Mehr zum Thema

Diese Sozialleistungen gibt es in Corona-Zeiten leichter

Wirtschaftliche Krisen treffen meist diejenigen am härtesten, die sowieso nur wenig haben. In der Corona-Krise bestätigt sich diese Regel. Die Bundesregierung greift deshalb Einkommensschwachen unter die Arme.

» Hier weiterlesen