Speyer (epd). Jetzt freut sich Tomas erst einmal auf seinen Urlaub. Radfahren in Südtirol mit seiner Familie und vor allem "die Füße hochlegen", das will er, erzählt der 19-jährige junge Mann aus Speyer. Er hat das Down-Syndrom und hat im August sein knapp einjähriges "Freiwilliges Jahr (FSJ) Inklusion" beendet, das er in einem Pflegeheim in Waldsee bei Speyer absolviert hat. Vor allem bei der Essensausgabe hat er mitgeholfen, angeleitet von einer Assistentin. Das von der "Aktion Mensch" geförderte Pilotprojekt wurde bundesweit beachtet: Tomas war einer von vier jungen Leuten mit geistiger Beeinträchtigung, die auf Vermittlung der pfälzischen Diakonie als Freiwillige in sozialen Einrichtungen in der Pfalz und Saarpfalz mitarbeiteten.
Vieles habe ihm während seiner Dienstzeit gefallen, erzählt Tomas, der gerne lacht und scherzt. Besonders gut fand er die begleitenden Seminare der Diakonie, bei denen sich behinderte und nicht behinderte FSJler austauschen konnten.
20,5 Stunden in der Woche hat er vormittags das Team des Pflegeheims "Rhein-Pfalz-Stift" des privaten Seniorendienstleisters "avendi" unterstützt. Morgens fuhr er mit dem Bus zu seiner Einsatzstelle. Dort nahm ihn eine Assistentin in Empfang: Sie behielt im Blick, dass die Arbeitsabläufe funktionierten. Tomas brachte den teils dementen Heimbewohnern das Essen an den Tisch oder aufs Zimmer, kümmerte sich um die Geschirrspülmaschine.
Das FSJ Inklusion wolle auch jungen Menschen mit geistiger Behinderung die Chance geben, sich ehrenamtlich zu engagieren, erläutert Erika Münzer-Siefert vom Referat Freiwilligendienste der Diakonie. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter zwischen 15 und 26 Jahren könnten ihre persönlichen Fähigkeiten und beruflichen Perspektiven fördern. Die Einsatzstellen profitierten von der positiven Ausstrahlung der behinderten FSJler und ihrem oft großen Engagement. Sechs Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebe es bereits für das neue Einsatzjahr, das im August begonnen hat.
"Tomas war klasse", sagt Margot Reis, die Leiterin des Pflegeheims. Mit seiner Lebensfreude habe er das Leben im Heim bereichert. Auch wenn ihn die nicht immer leichte Arbeit mit den älteren Menschen sichtlich habe ernster werden lassen. Grundsätzlich würde ihr Haus weiteren Absolventen des FSJ Inklusion eine Einsatzstelle anbieten, betont sie.
Während des Freiwilligenjahres habe Tomas seine Fähigkeiten austesten können, sagt sein Vater Norbert Hauck. Um wirkliche Inklusion - ein Miteinander von behinderten und nichtbehinderten Menschen - zu erreichen, müsste allerdings eine Arbeit weitgehend ohne fremde Assistenz möglich sein. Arbeitsstellen oder Schulen müssten den notwendigen Hilfebedarf bereitstellen. Dies sei aber eine "weitgehend utopische Vorstellung", sagt er.
Im Spätjahr wolle Tomas mit Gleichaltrigen eine Arbeit in einer Behinderteneinrichtung beginnen, den Maudacher Werkstätten in Ludwigshafen, erzählt Norbert Hauck. Zusätzlich kann er sich vorstellen, dass sein Sohn stundenweise in einer sozialen Einrichtung aushilft. Tomas besuchte statt Förderschulen integrative Klassen auf Regelschulen und in der Berufsschule.
Auch Andrea Schlosser, die bei der Diakonie für die Betreuung von Tomas zuständig war, findet, dass dieser einen tollen FSJ-Job gemacht hat. Im Altenheim sei er "einfach dabei" gewesen, Probleme bei der Arbeit habe es kaum gegeben. Bei der Essensausgabe habe sich Tomas etwa genau gemerkt, wer viel Soße oder keine Suppe wollte, erzählt sie.
Von den vier Freiwilligen des ersten Einsatzjahres "FSJ Inklusion" wolle einer seinen Dienst verlängern, eine geistig behinderte Teilnehmerin bekomme wohl eine unterstützte Beschäftigung in einer sozialen Einrichtung, sagt Schlosser. Das Pilotprojekt laufe zunächst noch zwei Jahre lang weiter. Tomas kann indes den Freiwilligendienst nur empfehlen: "Nochmal machen, von vorn!", sagt er.