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Sterbebegleitung auch für Migranten




Leuchtfeuer Hospiz in Hamburg
epd-bild/Hendrik Lüders
Sterbebegleitung soll den Übergang zum Tod erleichtern. Doch für Menschen mit Migrationshintergrund ist die Palliativ- und Hospizversorgung noch keine Selbstverständlichkeit. Forscher der Uni Göttingen sind dem in einer Studie auf den Grund gegangen.

Einen sterbenden Menschen auf seinem letzten Gang nicht alleine lassen - für Hospiz- und Palliativeinrichtungen ist das eigentlich eine Selbstverständlichkeit. "Sterbende Menschen mit Migrationshintergrund finden aber viel zu oft gar nicht den Weg in eine hospizliche oder palliative Versorgung", sagt Christian Banse, Soziologe und Wissenschaftler an der Klinik für Palliativmedizin der Universitätsmedizin Göttingen. Dabei stünden Hospiz- und Palliativeinrichtungen grundsätzlich auch ihnen zur Verfügung.

Wo liegen also die Hindernisse? Die Göttinger Forscher haben in Forschungsprojekten Hospiz- und Palliativeinrichtungen und deren Mitarbeiter zur Sterbebegleitung von Menschen mit Migrationshintergrund befragt. Wie einzelne Einrichtungen mit den Patienten umgehen und wie die Arbeit besser gestaltet werden kann, wurde in einer aktuellen "Handreichung" veröffentlicht.

Sprachprobleme sind nur eine Hürde

"So können Pflegekräfte, Ärzte oder auch ehrenamtlich tätige Personen nicht nur wegen Sprachproblemen schwieriger auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen - auch unterschiedliche kulturelle Lebensweisen und der Umgang mit Krankheit und Tod beeinflussen die Hospiz- und Palliativversorgung", sagte die Soziologin Franziska Schade von der Göttinger Klinik für Palliativmedizin der Universitätsmedizin und Mitautorin der Handreichung.

Dabei steigt der Bedarf bei Menschen mit ausländischen Wurzeln. So hat bereits jeder Vierte der Ende 2019 in Deutschland lebenden 83,2 Millionen Menschen einen Migrationshintergrund.

In der Studie hatten die Forscher herausgefunden, dass nur etwa 3,5 Prozent der befragten niedersächsischen Einrichtungen über besondere Angebote für Migrantinnen und Migranten verfügen. "Das können Mitarbeiter mit ähnlichem kulturellem Hintergrund oder auch das Vorhandensein von Dolmetschern sein", sagte Schade. Die Zahl sei zwar nicht repräsentativ, gebe aber einen Hinweis, dass bei den Palliativ- und Hospizangeboten für Migranten noch Luft nach oben ist.

Pflegekräfte, Ärzte oder ehrenamtliche Personen seien sich unsicher, wie sie in der Sterbebegleitung auf kulturelle Unterschiede und Sprachschwierigkeiten reagieren sollen. Abhilfe könne hier die interkulturellen Öffnung der Palliativ- und Hospizarbeit sein.

Angebote über Vernetzung bekanntmachen

"Wollen Hospize oder Palliativversorger Migrantinnen und Migranten mit ihren Angeboten ansprechen, müssen diese davon auch erfahren", sagte Banse. "Hier hilft eine gute Vernetzung mit Hilfsorganisationen oder auch den religiösen Gemeinschaften", betont auch Schade. So könnten Kontakte zu einem Imam, zu Kulturvereinigungen und ausländischen Medien helfen, die Angebote bekanntzumachen.

Die Befragungen unter den Einrichtungen hatten ergeben, dass viele Erkrankte trotz kultureller Unterschiede die gleichen Grundbedürfnisse haben, wie Zuspruch und Aufmerksamkeit. Dennoch hätten Migranten häufiger besondere Probleme wie etwa Sprachschwierigkeiten. Die Einrichtungen sollten nach Möglichkeit auf professionelle Dolmetscher zurückgreifen, rät Schade. Doch es fehle an Regelungen, damit solche Dolmetscherdienste bundesweit von Krankenkassen oder Sozialhilfeträgern finanziert werden. Doch selbst wenn mehrsprachige Pflegekräfte einer Klinik zum Übersetzen herangezogen werden können, sei dies nicht ohne Probleme. Denn diese seien für die schwierigen Gespräche in der Regel nicht ausgebildet und oft selbst überfordert.

Empfänglich sein für kulturelle Unterschiede

"Wenn man Raum und Zeit hat, kann man offen für die Bedürfnisse der Sterbenden sein", bestätigt Mareike Fuchs, Leiterin des Hospiz Leuchtfeuer in Hamburg St. Pauli. Hospiz-Mitarbeiter dürften nicht vergessen, dass es in vielen Kulturen gar nicht selbstverständlich ist, sterbende Angehörige in solch eine Einrichtung zu geben. Da sei dann immer wieder Aufklärungsarbeit über die Hilfeleistungen erforderlich.

"Offenheit heißt aber nicht Grenzenlosigkeit", so Fuchs. Die Freiheit des einen Patienten ende bei der Freiheit des anderen. So lag etwa ein Pastor afrikanischer Herkunft im Hospiz Leuchtfeuer. "Für seine Gemeinde war es üblich, dass rund 20 Gemeindemitglieder ihn regelmäßig besuchen, damit der Pastor noch einen Gottesdienst abhält", sagte Fuchs. Das sei letztlich für alle Beteiligten zu viel geworden. Man habe mit einer Besucherliste die Besucherzahl beschränkt. "Der Pastor war dann sehr dankbar, da die Besuche auch an seinen Kräften gezerrt hatten", sagte die Hospizleiterin.

Frank Leth