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Arbeit

Expertin: Gefahr durch fehlende Sozialkontakte



Die Sozialökonomin und Volkswirtschaftlerin Aline Zucco warnt vor einer drohenden Entgrenzung der Arbeit im Homeoffice. Auch die Tatsache, dass es bei der Ausweitung der Heimarbeit kaum noch direkte soziale Kontakte der Beschäftigten untereinander geben würde, verändere die Arbeitswelt nachhaltig, sagte die Leiterin der Geschlechterforschung am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Frau Zucco, wo drohen den Beschäftigten aus Ihrer Sicht im Homeoffice Gefahren?

Aline Zucco: Ich denke, es ist die Entgrenzung und die ständige Erreichbarkeit dar. Das bedeutet, dass durch die Arbeit von zu Hause aus große Gefahr besteht, dass der Acht-Stunden-Tag, Pausenregelungen und Höchstarbeitszeiten überschritten werden.

epd: Gibt es noch andere spürbar negative Folgen?

Zucco: Ja. Die Arbeit daheim kann auch dazu führen, dass die Beschäftigten vereinsamen, weil sie kaum noch im vertrauten Kollegenkreis zusammenarbeiten.

epd: Wie bewerten die Beschäftigten die aktuelle Situation der Arbeit in den eigenen vier Wänden?

Zucco: Dazu gibt es Erkenntnisse aus einer Umfrage, die im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung Mitte April vorgenommen wurde. 7.677 Personen wurden zu ihrer Erwerbstätigkeit befragt. Sie schätzen die Situation sehr gemischt ein, aber grundsätzlich sind die Befragten im Homeoffice relativ zufrieden. Zwar stellen sich die Entgrenzung so wie die fehlende persönliche Kommunikation als die zentralen Probleme des Homeoffice dar, aber es kristallisieren sich auch positive Aspekte des Homeoffice wie zum Beispiel die freiere Gestaltung der Arbeitszeit heraus.

epd: Wie lassen sich die Ergebnisse unter dem Strich zusammenfassen?

Zucco: Insgesamt findet sich nicht nur in unserer Studie, dass die Arbeit von zu Hause aus ein Prozess ist, der Zeit dauert und an den sich Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen noch gewöhnen müssen. Andere Untersuchungen deuten außerdem daraufhin, dass insbesondere Beschäftigte mit langen Pendelzeiten das Arbeiten im Homeoffice als sehr angenehm wahrnehmen.



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