München (epd). Sozialhilfeleistungen für schwerst behinderte Menschen beinhalten keine Kostenübernahme für eine "erotische Ganzkörpermassage mit sexueller Komponente". Auch wenn Sexualität zu einem Grundbedürfnis eines Menschen gehört, durfte der Gesetzgeber die Dienstleistung einer Prostituierten ebenso wenig beim zu gewährleistenden menschenwürdigen Existenzminimum berücksichtigen, wie Alkoholkonsum oder Glücksspiele, entschied das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München in einem am 28. Februar veröffentlichten Urteil.
Vor Gericht war ein schwerst behinderter Rollstuhlfahrer gezogen, der nur noch eingeschränkt seinen linken Arm bewegen konnte. Der Mann war auf Grundsicherungsleistungen sowie auf ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen angewiesen.
Ab Januar 2012 hatte er vom zuständigen Sozialhilfeträger die Kostenübernahme für eine "erotische Ganzkörpermassage mit sexueller Komponente" zweimal pro Woche beantragt. Er sei hypersexuell, lautete seine Begründung. Sein gesteigertes sexuelles Verlangen könne er aber aufgrund seiner Behinderung nicht selbst befriedigen. Sein "intimes Bedürfnis" gehöre zum "notwendigen Lebensunterhalt", befand der Mann.
Nur aus dem Erhöhungsbetrag für sein zuerkanntes Merkzeichen G könne er etwas Geld beiseitelegen, um so alle drei Monate eine sexuelle Dienstleistung zu finanzieren. Die Sozialhilfe müsse daher für die Kosten in Höhe von 200 Euro pro Erotikmassage aufkommen.
Diese Kostenübernahme steht dem Rollstuhlfahrer jedoch nicht zu, urteilte das LSG. Weder die Grundsicherung, noch die "Hilfe zur Pflege" oder die "Hilfe in sonstigen Lebenslagen" böten eine Anspruchsgrundlage. Das sei wegen des gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums nicht zu beanstanden.
Eine Berücksichtigung im Rahmen der Hilfe zur Pflege scheide ebenfalls aus, so die Richter. Die beantragten Ganzkörpermassagen zählten nicht zur Hilfe zur Pflege, weil weder eine pflegerische Zielrichtung damit einhergehe noch sie einen Betreuungscharakter habe.
Az.: L 8 SO 163/17