München (epd). Häftlinge müssen bei der Aufnahme in eine Justizvollzugsanstalt zwingend einen Bluttest über mögliche ansteckende Krankheiten wie HIV oder Hepatitis B und C hinnehmen. Denn die damit verbundene Beeinträchtigung des Rechtes auf körperliche Unversehrtheit ist wegen des Schutzes von Gefängnispersonal und von Mitgefangenen gerechtfertigt, entschied das Bayerische Oberste Landesgericht in München in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 4. Dezember 2019.
Konkret ging es um einen Gefangenen, der seine neuneinhalbjährige Haftstrafe zuletzt in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Straubing in Bayern verbüßt. Als er bei dem Amtsarzt den Wunsch äußerte, bei ihm einen HIV-Schnelltest durchführen zu lassen, erhielt er die Antwort, dass er "bereits auf Aids getestet" worden sei. Weil bei der Aufnahme in der JVA immer eine Blutuntersuchung stattfinde, sei er schon auf ansteckende Krankheiten hin getestet worden.
Der Häftling hielt die ohne sein Einverständnis erfolgten Tests für rechtswidrig. Sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und sein Recht auf körperliche Unversehrtheit sei verletzt worden, lautete die Begründung.
Die Gefängnisverwaltung verwies dagegen darauf, dass nach dem Infektionsschutzgesetz Gefangene bei der Aufnahme in einer JVA eine "ärztliche Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Lunge" dulden müssen. Der Häftling habe zudem ein Hinweisblatt darüber erhalten.
Das Bayerische Oberste Landesgericht bestätigte nun die Auffassung der JVA-Leitung. Auch wenn mit der Untersuchung ein körperlicher Eingriff einhergehe, müsse der Staat die übrigen Gefangenen und das Gefängnispersonal vor Beeinträchtigungen ihrer körperlichen Unversehrtheit schützen. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestünden nicht, befanden die Richter.
Wegen der im Grundgesetz geschützten Einhaltung der körperlichen Integrität kämen - mit Ausnahme von Notwehrsituationen - zwar grundsätzlich nur "wenig belastende Eingriffe in Betracht", so die Münchener Richter. Bei der Untersuchung einer Blutprobe auf HIV handele es sich aber um einen solchen "wenig belastenden Eingriff".
Az.: 203 StObWs 1159/19