München (epd). "Suche preisgünstige Zwei-Zimmer-Wohnung": Solche Mietgesuche finden sich oft an den Laternenmasten im Landkreis Dachau. In München und Umgebung gestaltet sich die Wohnungssuche für Menschen mit kleineren bis mittleren Einkommen als Problem – zum Beispiel für jene in Sozialberufen. Nun kümmert sich eine neue Genossenschaft um Wohnraum für Pflegerinnen und Pfleger. Das Ungewöhnliche: Die Genossen sind die Arbeitgeber. "Wir verstehen das auch als Modellprojekt für andere Regionen", sagt Bernhard Seidenath, Initiator und CSU-Landtagsabgeordneter.
Er sieht in dem von ihm angeschobenen Projekt mit dem Namen "Habt ein Herz für soziale Berufe – Wohnungsvermittlung für Menschen in Sozial- und Gesundheitsfachberufen im Landkreis Dachau" viele Vorteile: Auf diese Weise finden Menschen in Sozialberufen eine bezahlbare Wohnung.
Die Vermieter haben in der Genossenschaft einen verlässlichen Ansprech- und Vertragspartner. Arbeitgeber, die Mitarbeitern Wohnraum bieten, steigern ihre Attraktivität. Und die Region profitiert von den personell gut ausgestatteten Sozialdiensten. Denn das größte Problem bei der Suche nach Arbeitskräften sei das Wohnungsproblem, erklärt der Landtagsabgeordnete. Und das bei etwa 1.800 leerstehenden Wohnungen im Landkreis Dachau.
Die Genossenschaft der Sozialträger versucht also, durch das Angebot bezahlbaren Wohnraums das Problem des Fachkräftemangels zu lösen. In der Landeshauptstadt München gehen die kommunalen Behörden einen ähnlichen Weg und treten als Mieter auf, um Wohnungen für Verwaltungsangestellte zu rekrutieren. In Hamburg hat eine Drogeriemarktkette sogar damit begonnen, Wohnungen für ihre Mitarbeiter zu bauen. Auch die Aufbaugemeinschaft Espelkamp bei Minden will für junge Fachkräfte mit "Wunschwohnungen" in einer extra gebauten Wohnanlage Anreize schaffen, aufs Land zu ziehen.
Für den Landkreis Dachau wurde im vergangenen Juli die Genossenschaft gegründet, die bayerische Staatsregierung gab dazu einen Zuschuss von 55.000 Euro. Die Genossen der Genossenschaft sind drei regionale Arbeitgeber der Sozialbranche: die Helios Amper-Kliniken Dachau und Indersdorf, das Pflegeheim Kursana und der Pflegedienst miCura.
Sabine Appel, Vorstand der (nicht gemeinnützigen) Genossenschaft, erklärt, wie die Genossenschaft funktioniert: Sie tritt gegenüber dem Wohnungsvermieter als Mieter auf und mietet die Räumlichkeiten. Dann überlässt sie ihren Genossen über einen Überlassungsmietvertrag die Wohnungen. Die Genossen, also die Arbeitgeber, schließen mit ihren Mitarbeitern einen Werksmietvertrag ab. Der ist allerdings an das Beschäftigungsverhältnis gebunden. Das heißt: Kündigt die in der Wohnung wohnende Angestellte den Job oder wird ihr gekündigt, muss sie ausziehen.
Inzwischen gibt es laut Appel eine Bestandsaufnahme, was die Arbeitgebergenossen an Wohnraum benötigen: Derzeit sind es acht Ein- und Zweizimmerwohnungen. Und es haben sich auf Zeitungsinserate auch schon Vermieter gemeldet. Ein Angebot betrifft etwa eine Zweizimmerwohnung mit 57 Quadratmetern für rund 1.000 Euro Warmmiete. "Etwas teuer", sagt Appel. Aber, erklärt Seidenath: "Wenn die Miete für die Pflegekraft oder die Krankenschwester zu hoch ist, kann sie auch vom Arbeitgeber gesponsert werden."