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Jugend

Experte: Jungen suchen bei Suzidgedanken selten Hilfe




Sören Friedrich
epd-bild/Ben Kuhlmann
Um die Suizidrate bei männlichen Teenagern zu senken, braucht es nach Expertenansicht mehr geschlechtssensible Hilfsangebote.

Jungen suchen sich bei suizidalen Gedanken nach Erkennntnissen des Psychotherapeuten Sören Friedrich weitaus seltener Unterstützung als Mädchen. "Das Thema ist immer noch sehr schambehaftet und die Hürden, sich Hilfe zu holen, sind oftmals sehr hoch", kritisierte Sören Friedrich.Es müsse daher mehr Aufklärung und einen niedrigschwelligen Zugang zu Hilfen geben, sagte der Leiter des Zentrums für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie in Bochum dem Evangelischen Pressedienst (epd).

In Deutschland bringen sich etwa dreimal so viele Jungen im Teenageralter um wie Mädchen – und das obwohl weibliche Jugendliche laut Friedrich deutlich häufiger Suizidgedanken haben und Suizidversuche begehen. Generell seien die Suizidraten bei Männern allen Altersklassen höher - ein Phänomen, das sich weltweit beobachten lasse.

In der Pubertät häufen sich Selbsttötungen

Eine mögliche Erklärung sei, dass Jungen und Männer häufiger zu "harten" Methoden griffen, um sich umzubringen, sagte Friedrich. Dazu gehörten zum Beispiel Erhängen, Sprünge aus tödlicher Höhe oder Suizid durch Waffen, "also Methoden, bei denen die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass sie noch gerettet werden können", erklärte der Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche. Warum männliche Jugendliche eher diese Methoden wählten, sei noch nicht ausreichend erforscht.

Selbsttötungen unter Jugendlichen seien zwar relativ selten, sagte Friedrich, "trotzdem ist Suizid in der Altersstufe die zweithäufigste Todesursache nach Verkehrsunfällen". In herausfordernden Lebensabschnitten wie der Pubertät häuften sich Selbsttötungen. "In dieser Phase der Identitätsentwicklung gibt es viel Unsicherheit und das belastet die Jugendlichen", erklärte der Psychotherapeut. Weitere Risikofaktoren seien Konflikte in der Familie, in der Beziehung und im Freundeskreis oder Verlusterfahrungen. Psychische Störungen, besonders depressive Störungen spielten ebenfalls eine wesentliche Rolle.

Warnsignale für Eltern, Lehrer und Betreuer können anhaltende Traurigkeit, sozialer Rückzug, Unruhe, Konzentrationsschwäche, starker Alkohol- und Drogenkonsum und Schlafstörungen sein, sagte Friedrich. Bei Jungen äußerten sich Depressionen auch in einer gereizten und aggressiven Stimmung. "Das deutlichste Zeichen, dass ein Jugendlicher Suizidgedanken hat, ist aber, dass er darüber spricht", sagte er. Wichtig sei es dann, den Teenager ernst zu nehmen und offen mit ihm zu sprechen. Auch bei Anzeichen sollten die Bezugspersonen das Gespräch suchen: "Das direkte Ansprechen wird oftmals als Entlastung wahrgenommen und ist ein erster Schritt, Hilfe zu bekommen."

Jana-Sophie Brüntjen