sozial-Politik

Arbeit

Ethikrat befürwortet Einsatz von Robotik in der Altenpflege




Roboter sollen bald in der Altenpflege unterstuetzen
epd-bild/Guido Schiefer
Maschinen, die Menschen pflegen: Das ist ein Horrorszenario, wenn es um Robotertechnik in der Altenpflege geht. Der Deutsche Ethikrat hebt die Chancen der digitalen Assistenz hervor, wenn sie nicht dazu missbraucht wird, Menschen zu ersetzen.

Der Deutsche Ethikrat befürwortet den Einsatz von mehr Roboter-Technik in der Altenpflege, sofern der Mensch im Mittelpunkt steht. In seiner am 10. März in Berlin vorgestellten Stellungnahme "Robotik für gute Pflege" sprechen die Expertinnen und Experten Empfehlungen aus. Technik dürfe niemals Pflegepersonal oder die zwischenmenschliche Beziehung in der Pflege ersetzen. Sei das gewährleistet könne Robotik pflegebedürftigen Menschen zu einer höheren Lebensqualität verhelfen und die Arbeit von Pflegekräften und Angehörigen erleichtern, erklärt der Ethikrat. Parteien und Verbände sehen das auch so.

Viele Befürchtungen seien berechtigt, es dürften über den Risiken aber nicht die Chancen übersehen werden, erklärte der Ethikrats-Vorsitzende Peter Dabrock: "Menschlichkeit und Technik müssen kein Gegensatz sein." Roboter dürften nicht gegen den Willen der Gepflegten oder der Pflegenden eingesetzt werden und auch nicht, um die Effizienz einer Pflegeeinrichtung zu steigern. Vielmehr bestehe dann die Gefahr einer noch stärkeren Arbeitsverdichtung. Robotik in der Altenpflege sei kein Weg, um Personalengpässe zu beseitigen, stellt der Ethikrat fest.

Entlastung beim Heben

So könnten Assistenz-Roboter Pflegekräfte und Angehörige bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten wie dem Heben von Patienten entlasten und unter Umständen den Umzug in ein Heim hinauszögern. Auch Monitoring-Techniken zur Überwachung von Körperfunktionen oder Sensoren, die einen Sturz melden, könnten dazu beitragen, dass pflegebedürftige Menschen länger zu Hause bleiben können - allerdings nur, wenn dies nicht zu sozialer Isolation führe. Begleit-Roboter in Gestalt von Tieren wie die Robbe "Paro" könnten demenzkranke Menschen aktivieren oder beruhigen. Das sei inzwischen erwiesen, erklärte die Berliner Gerontologin Adelheid Kuhlmey, die der Technik selbst skeptisch gegenüberstand. Es sei aber nicht vertretbar, die emotionalen Bedürfnisse von Menschen durch Maschinen stillen zu lassen.

Der Ethikrat fordert, hilfsbedürftige Menschen und Pflegekräfte in die Entwicklung neuer robotischer Hilfsmittel einzubeziehen. Für eine gute Pflege gehe nicht darum, was technisch machbar sei, sondern was gebraucht werde. Die Finanzierung und der Einsatz von Robotik dürfe nicht dazu führen, dass in anderen Bereichen der Pflege Mittel gekürzt würden. Pflegeeinrichtungen sollten in ihren Leitlinien bestimmen, wo und in welchem Umfang Roboter-Technik zum Einsatz kommen kann - und wo nicht.

Zugang zur Technik für alle sicherstellen

Bei der Zulassung zur Finanzierung durch die Kranken- und Pflegekassen müssten der Gesetzgeber und die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sicherstellen, dass alle Patienten gleichermaßen Zugang zu den neuen technischen Hilfsmitteln erhalten. Pflege-Robotik dürfe die soziale Ungleichheit nicht vergrößern, erklärte der Leiter der Robotik-Arbeitsgruppe, der Heidelberger Gerontologe Andreas Kruse.

Der Deutsche Caritasverband begrüßte die Stellungnahme und erklärte, es müssten konkrete Kriterien für den Einsatz von Robotern in der Pflege entwickelt werden. ". Roboter können dann die Situation von pflegebedürftigen Menschen verbessern, wenn sie Zeit und Raum für menschliche Beziehungen eröffnen", erklärte Caritas-Präsident Peter Neher.

Pflegeroboter könnten die Arbeit möglicherweise effizienter machen. Das dürfe aber nur eins von mehreren Elementen sein in der Entscheidung für oder gegen ihren Einsatz. "Die Anwendung robotischer Systeme muss von den Gepflegten und den Pflegenden gewollt sein, damit sie eine wirkliche Hilfe darstellt", bekräftigte Neher.

Die Linksfraktion im Bundestag forderte die Bundesregierung auf sicherzustellen, dass nicht die Pflegebedürftigen selbst für die Einführung neuer Technik aufkommen müssen. "Niemand darf so tun, als könne mit dem Einsatz von Robotik dem Personalnotstand begegnet werden. Das ist schlicht unmöglich, im Gegenteil ergeben sich neue Arbeitsfelder für Pflegekräfte, auf die diese sich zusätzlich einstellen müssen", sagte Pia Zimmermann als pflegepolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

Grüne fordern Innovationsfonds

Die Grünen erneuerten ihre Forderung nach einem Innovationsfonds für die Pflege, eine sektorenübergreifende Versorgung und Finanzierung sowie einen Digitalpakt für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Außerdem sagte Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Alten- und Pflegepolitik: "Wo sich Prozesse verändern, Tätigkeiten entfallen oder hinzukommen und neue Berufe entstehen, braucht es ein neues Miteinander der Gesundheitsberufe."

In Deutschland leben rund 3,5 Millionen pflegebedürftige Menschen, von denen zwei Drittel von ihren Angehörigen versorgt werden. Bis zum Jahr 2050 wird mit mindestens fünf Millionen Pflegebedürftigen gerechnet. Eine Bestandsaufnahme der bereits verfügbaren Roboter-Technik und ihrer Anwendung in Pflegeheimen und Privathaushalten ist nicht Bestandteil der Expertise des Ethikrats.

Bettina Markmeyer