sozial-Recht

Landessozialgericht

Kein Eigenanteil behinderter Heimbewohner für Familienheimfahrten



In einem Heim lebende behinderte Menschen müssen für Familienheimfahrten zum elterlichen Wohnhaus im Rahmen der Eingliederungshilfe keinen Eigenanteil bezahlen zahlen. Das gilt zumindest dann, wenn der Kontakt zu den Angehörigen notwendiger Teil der Eingliederung ist, entschied das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 27. November 2019. Die Schleswiger Richter ließen die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.

Im konkreten Fall lebt die geistig und körperlich behinderte Klägerin seit über 20 Jahren in einer stationären Einrichtung. Ihre Eltern sind zu ihren gesetzlichen Betreuern bestellt worden.

Sozialhilfeträger forderte Eigenbeteiligung

Der zuständige Sozialhilfeträger übernimmt die Heimkosten als Leistung der Eingliederungshilfe. Zudem werden ein Taschengeld, Bekleidungs- und Krankenkassenkosten mitsamt Zuzahlungen übernommen. Einmal pro Monat wird die behinderte Frau von ihren Eltern über das Wochenende in das 404 Kilometer entfernte Zuhause abgeholt. Der Sozialhilfeträger zahlt hierfür 0,20 Euro pro Kilometer.

Die Behörde verlangte jedoch, dass die Klägerin pro Monat auch einen Eigenanteil von 15 Euro für die Familienheimfahrten zahlt. Für das Streitjahr 2012 sollte die Frau daher 180 Euro übernehmen. Den Eigenanteil könne sie ja auch von ihrem Taschengeld bezahlen, so die Behörde. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass im Sozialhilferegelsatz ebenfalls ein Anteil für den Bereich "Verkehr" enthalten sei.

Das LSG urteilte, dass die Klägerin keinen Eigenanteil an den Familienheimfahrten bezahlen muss. Sind Heimreisen notwendiger Bestandteil der Eingliederungshilfemaßnahmen, muss der Sozialhilfeträger die Besuchsfahrten für den behinderten Menschen im Rahmen der Eingliederungshilfe in voller Höhe übernehmen, ohne dass das Taschengeld dafür verwendet wird. Hier habe der Sozialhilfeträger selbst die Anzahl der Heimfahrten und das Transportmittel anerkannt. Somit habe er sie als "erforderlich" eingestuft und ein Eigenanteil sei folglich nicht zu leisten.

Az.: L 9 SO 20/18