Berlin (epd). Nach den ersten bestätigten Coronavirus-Infektionen in Deutschland will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Fluggesellschaften und Kliniken zusätzliche Meldepflichten auferlegen. Piloten auf Flügen aus China sollen den Tower bei der Landung über den Gesundheitszustand der Passagiere informieren, kündigte Spahn am 28. Januar in Berlin an. Reisende aus China sollen zudem auf Formularen Auskunft darüber geben, wo sie in den kommenden 30 Tagen zu erreichen sind.
Kliniken in Deutschland sollen zudem verpflichtet werden, auch Verdachtsfälle einer Corona-Infektion zu melden. Bislang gilt das nur für bestätigte Fälle. Die neue Meldepflicht für Kliniken soll in den nächsten Tagen inkraft treten, die Neuerungen für Fluggesellschaften gelten Spahn bereits seit dem 29. Januar.
"Wir wollen jetzt schnell dafür sorgen, dass Verdachtsfälle früher erkannt und besser nachverfolgt werden können", sagte der Minister in Berlin. "Und wir werden dem Robert-Koch-Institut noch größere Koordinierungsbefugnisse einräumen, als es das bei diesem Thema ohnehin schon hat."
Am 27. Januar wurde die erste Erkrankung mit dem Virus in Deutschland nachgewiesen. Ein 33-jähriger Mann aus Bayern steckte sich nach Angaben der dortigen Behörden offenbar während eines Meetings an seinem Arbeitsplatz im Kreis Starnberg an, an dem auch eine Kollegin aus China teilgenommen hatte. Drei weitere Fälle sind inzwischen bestätigt, allesamt Mitarbeiter einer Starnberger Firma. Allen Betroffenen geht es den Angaben zufolge momentan gut. Sie werden am Klinikum München-Schwabing medizinisch überwacht und isoliert.
Spahn rief jedoch insgesamt zu Gelassenheit auf. Die Gefahr für die Gesundheit der Menschen in Deutschland durch die neue Atemwegserkrankung aus China sei nach derzeitiger Einschätzung gering. "Für übertriebene Sorge gibt es keinen Grund", sagte er.
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar H. Wiehler, sagte, mit steigender Zahl der Verdachtsfälle vor allem in China nehme die Zahl der schwerwiegenden Erkrankungen und Todesfälle relativ gesehen ab. "Die Schwere hat eher abgenommen", sagte er.
Dagegen mahnte der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes mehr Personal an, um die Bevölkerungsschutz bei Epidemien zu gewährleisten. "In den vergangenen Monaten und Jahren wurde immer wieder deutlich, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst in Krisensituationen an die Grenzen seiner Belastbarkeit stößt", sagte die Vorsitzende Ute Teichert. Sie verwies darauf, dass die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern in den vergangenen 20 Jahren um rund ein Drittel zurückgegangen sei – die Folge eines stetigen Personalabbaus und nicht besetzter Stellen.
"Ohne zusätzliche Stellen in den Gesundheitsämtern ist der Öffentliche Gesundheitsdienst nicht in der Lage, seine wichtigen bevölkerungsmedizinischen Aufgaben zu bewältigen", mahnte Teichert: "Im Falle des neuen Coronavirus kann das erhebliche Auswirkungen auf die Eindämmung der Erkrankungsausbreitung und damit für die Bevölkerung haben."