

Stutgart (epd). Arbeitgeber dürfen einem dauererkrankten Beschäftigten wegen der wiederholt zu spät vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht einfach kündigen. So wiegt bei einer fortdauernden Krankheit eine zu spät eingereichte Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit weniger schwer als ein zu spät übermittelter Schein bei einer Ersterkrankung, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 25. November veröffentlichten Urteil.
Im konkreten Fall ging es um einen 45-jährigen Lageristen, der wegen eines Bandscheibenleidens seit Juli 2016 und damit seit über einem Jahr krankgeschrieben war. Während seiner fast zehnjährigen Beschäftigungszeit erhielt er zwei Abmahnungen wegen zu spät eingereichter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.
Als dann der immer noch krankgeschriebene Mann gut ein halbes Jahr später seine Folgebescheinigung über seine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit etwas zu spät vorlegte, erhielt er die Kündigung. Er sei seiner arbeitsvertraglichen Anzeige- und Nebenpflicht nicht ausreichend nachgekommen, so der Arbeitgeber. Auch sei er in der Vergangenheit wiederholt aus dem gleichen Grund abgemahnt worden.
Doch das LAG erklärte die Kündigung für nun unwirksam. Arbeitnehmer seien aber zur pünktlichen Abgabe von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verpflichtet. Werde trotz bestehender einschlägiger Abmahnungen dagegen verstoßen, begründe dies regelmäßig eine ordentliche Kündigung.
Es müsse allerdings berücksichtigt werden, ob eine zu spät eingereichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sich auf eine Ersterkrankung beziehe oder diese lediglich für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bescheinige. Die verspätete Abgabe bei einer Ersterkrankung wiege schwerer, weil hier dem Arbeitgeber die Möglichkeit genommen werden, die Arbeit wegen des gerade erkrankten Mitarbeiters umzudisponieren. Bei einer Fortdauer der Krankheit treffe das Fortbleiben des Arbeitnehmers den Arbeitgeber dagegen nicht mehr unvorbereitet.
Im konkreten Fall sei die Kündigung daher unverhältnismäßig. Zugunsten des Klägers müsse zudem berücksichtigt werden, dass er bereits seit fast zehn Jahren bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist. Bis auf seltene Ausnahmefälle seien keine Beanstandungen erfolgt. Von einer die Kündigung begründende "beharrliche Pflichtverletzung" sei noch nicht auszugehen.
Az.: 10 Sa 52/18