

Straßburg (epd). Die Abschiebehaft eines Ausländers ist nur zulässig, wenn die Abschiebung auch möglich ist. Gibt es kein sicheres Aufnahmeland, dann verstößt die Inhaftierung gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, urteilte am 25. Juni der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Die Straßburger Richter verurteilten Bosnien-Herzegowina zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 9.000 Euro, weil es einen Syrer in Abschiebehaft genommen hatte, obwohl es für den Mann gar kein sicheres Aufnahmeland gegeben hat.
Der heute 56-jährige Syrer hatte im früheren Jugoslawien studiert und 1992 bis 1995 auf bosnischer Seite im Bosnienkrieg gekämpft. Später hatte er sogar von Bosnien-Herzegowina die zweite Staatsangehörigkeit erhalten, die wurde aber 2007 widerrufen.
Ein Asylantrag des Mannes wurde abgelehnt. Der Syrer wurde als Sicherheitsrisiko eingestuft und 2008 in Abschiebehaft genommen. Erst 2011 wurde seine Ausreise angeordnet. Auf eine erste Beschwerde hatte der EGMR 2011 entschieden, dass der Mann wegen drohender Folter nicht nach Syrien abgeschoben werden darf. Zudem sei die Abschiebehaft von 2008 bis 2011 rechtswidrig gewesen, weil er in dieser Zeit gar nicht zur Ausreise aufgefordert worden sei. Ein anderes Aufnahmeland als Syrien fanden die Behörden nicht. 2016 wurde er mit Auflagen entlassen.
In seinem neuen Urteil bestätigte der EGMR, dass Ausreisepflichtige in Abschiebehaft genommen werden dürfen, solange sich die Behörden ernsthaft und mit gewisser Erfolgsaussicht um ein Aufnahmeland bemühen. Hier hätten bis August 2014 aber 38 Länder die Aufnahme des Syrers abgelehnt. Spätestens dann hätte den Behörden in Bosnien-Herzegowina klar sein müssen, dass eine Abschiebung in ein sicheres Land scheitern würde.
Ab diesem Zeitpunkt sei die Abschiebehaft daher rechtswidrig gewesen, entschied der EGMR. Sie habe den Syrer in seinem Recht auf Freiheit verletzt. Die Straßburger Richter sprachen ihm daher ein Schmerzensgeld von 9.000 Euro zu.
Az.: 10112/16