Erfurt (epd). Wegen eines Kirchenaustritts von einem kirchlichen Arbeitgeber abgelehnten Stellenbewerber steht nicht generell eine Entschädigung zu. Denn hat sich der Bewerber nur um die Stelle beworben, um später eine Diskriminierungsentschädigung erhalten zu können, handelt er "rechtsmissbräuchlich", entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am 18. März veröffentlichten Urteil. Die Erfurter Richter wiesen damit die Klage eines Rechtsanwalts gegen die Diakonie Mitteldeutschland ab.
Der Anwalt hatte sich im Juli 2011 bei der Diakonie auf eine Stelle als "Referent Arbeitsrecht" beworben. Dabei wurde auch "die Zugehörigkeit zur Evangelischen Kirche" oder einer anderen christlichen Kirche verlangt.
In seiner Bewerbung schrieb der Anwalt: "Derzeit gehöre ich aus finanziellen Gründen nicht der evangelischen Kirche an, jedoch kann ich mich mit den Glaubensgrundsätzen der evangelischen Kirche identifizieren, da ich lange Mitglied der evangelischen Kirche war."
Als er eine Absage erhielt und die Stelle im September 2011 neu ausgeschrieben wurde, warf er der Diakonie Diskriminierung vor. Die Absage sei wegen seiner fehlenden Kirchenzugehörigkeit erfolgt. Er verlangte mindestens 3.705 Euro Entschädigung.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt wies die Klage mit Verweis auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ab. Danach dürften kirchliche Arbeitgeber unabhängig von der Tätigkeit von Bewerbern die Zugehörigkeit zur Kirche verlangen.
Vor dem BAG hatte die Klage ebenfalls keinen Erfolg, jedoch aus anderen Gründen. Nach dem AGG dürften kirchliche Arbeitgeber zwar die Besetzung einer Stelle von der Kirchenzugehörigkeit abhängig machen. Die entsprechende Vorschrift verstoße jedoch gegen EU-Recht und dürfe nicht angewendet werden, erklärte das BAG mit Verweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2018 (Az.: C-414/16). Danach könne eine Kirchenzugehörigkeit bei einer Stelle nur verlangt werden, wenn dies für die Tätigkeit "wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt" sei.
Im jetzt entschiedenen Fall erhält der Anwalt keine Entschädigung, weil er sich nur beworben hatte, um später eine Entschädigung oder Schadenersatz einklagen zu können, so das BAG. Das sei ein "unredliches Verhalten" und "grundsätzlich nicht schutzwürdig". Mit seiner Aussage im Bewerbungsschreiben, dass er aus finanziellen Gründen keiner Kirche angehöre, habe er eine Absage provoziert. Er hätte die Kirchenzugehörigkeit auch unbeantwortet lassen können. Ihm musste klar sein, dass der Arbeitgeber den Kirchenaustritt als "Akt bewusster Abkehr von der evangelischen Kirche" betrachten würde.
Die Formulierungen ließen nur den Schluss zu, dass er den Arbeitgeber nicht überzeugen wollte, der bestmögliche Bewerber zu sein. Die Klage sei damit rechtsmissbräuchlich, so dass kein Entschädigungsanspruch bestehe.
Az.: 8 AZR 562/16