

Celle (epd). Die Redensart "Spare in der Zeit, dann hast du in der Not" gilt nicht für die als Opferentschädigung gezahlte monatliche Grundrente. Legen Gewaltopfer die monatliche Rente beiseite, kann die Sozialhilfe die Verwertung des aus der Entschädigung angesparten Vermögens verlangen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am 20. November veröffentlichten Urteil.
Damit muss eine behinderte, psychisch kranke Frau erst ihr Vermögen von knapp 20.000 Euro aufbrauchen, bis sie Sozialhilfeleistungen beanspruchen kann. Lediglich ein Schonvermögen in Höhe von 2.500 Euro kann ihr verbleiben.
Die Frau, die zunächst in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeitete, hatte beim Versorgungsamt Braunschweig 1999 eine Opferentschädigung wegen einer erlittenen Gewalttat und einer damit einhergehenden psychischen Erkrankung beantragt.
Als sie mit Eintritt ins Rentenalter auf Sozialhilfe angewiesen war, lehnte das Sozialamt die gewünschte Grundsicherung im Alter ab. Die Frau verfüge über knapp 20.000 Euro Vermögen, das sie aus der Grundrente angespart habe und aufbrauchen müsse.
Die Klägerin hielt dies für rechtswidrig. Die monatliche Grundrente werde auch nicht als Einkommen mindernd auf Sozialhilfezahlungen angerechnet. Daher müsse das daraus angesparte Vermögen ebenfalls anrechnungsfrei sein. Nur weil sie sparsam war, dürfe dies nicht zu ihren Lasten gehen. Eine Anrechnung würde für sie eine besondere Härte bedeuten.
Doch das LSG urteilte, dass die Verwertung des aus der Opferentschädigung angesparten Vermögens keine Härte darstelle. Zwar sei eine Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz nicht als Einkommen mindernd auf Sozialhilfeleistungen zu berücksichtigen. Dies bedeute jedoch nicht, dass auch ein aus einer Grundrente angespartes Vermögen nicht für den Lebensunterhalt einzusetzen wäre. Es fehle hier an einer gesetzlichen Regelung, die dies ausschließt.
Nach dem Willen des Gesetzgebers solle die Grundrente die Mehraufwendungen eines Gewaltopfers oder Kriegsbeschädigten ersetzen, die ein gesunder Mensch nicht hätte. Die monatlich gezahlte Grundrente solle auch zu diesem Zweck genutzt werden. "Sie soll weder zur Bestreitung des Lebensunterhalts noch zur Begründung eines Sparvermögens verwendet werden", urteilte das LSG.
Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundessozialgericht (BSG) in Kassel eingelegt. Dort ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen B 8 SO 12/18 R anhängig.
Az.: L 8 SO 371/14