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Caritas

Pflegeexperten fordern Raum für Sexualität im Altenheim



Die Caritas-Expertin Dorothee Mausberg fordert eine Enttabuisierung von Sexualität im hohen Alter. "Menschen werden im Alter nicht einfältiger, sondern vielfältiger", sagte die Pflegeexpertin des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln am 19. November auf einer Tagung zum Thema "Partnerschaft, Intimität und Sexualität im höheren Lebensalter" in Köln. Es sei an der Zeit, dieses Thema aus "der Schmuddelecke herauszuholen" und offen anzusprechen.

Auch als Teil der katholischen Kirche sei man bereit, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und sich ihm zu öffnen, sagte Helene Maqua, die die Abteilung Altenhilfe der Kölner Caritas leitet. "Unsere Träger sagen alle: 'Wir sind für die Menschen da.' Wir zwängen niemandem unsere Moralvorstellungen auf." Ein Schritt in die richtige Richtung sei etwa, in Altenheimen breitere Betten für Paare und Eheleute anzuschaffen, was das Budget allerdings nicht vorsehe.

Thema in die Ausbildung integriert

Ältere, gesundheitlich eingeschränkte Menschen könnten ihre Bedürfnisse nach Nähe und Zuneigung oft nicht oder nicht adäquat äußern. Pflegekräfte wiederum seien oft noch zu wenig geschult, um diese Bedürfnisse zu erkennen. "Immerhin ist dieses Thema mittlerweile zumindest ansatzweise in die Ausbildung von Pflegekräften integriert worden", sagte Maqua.

Um alleinstehende ältere Menschen mit sexuellen Bedürfnissen zu unterstützen, gibt es in einigen Städten wie Hamburg Agenturen, die sogenannte Sexualassistenten vermitteln. Diese besuchen Klienten zu Hause oder in Altenheimen und bieten sexuelle Dienste wie erotische Massagen an.

"Selbstbestimmung in Institutionen fördern"

"Die Sexualassistenten, die ich vermittele, sind zwischen 24 und 70 Jahre alt und kommen alle aus sozialen Berufen", sagte die Pflegeexpertin und Buchautorin Gabriele Paulsen, die als Beraterin in Gesundheitsfragen tätig ist und die Hamburger Agentur Nessita betreibt. Sie vermittelt erotische Dienstleistungen an Senioren, Seniorinnen und körperlich behinderte Menschen zu Hause oder in Heimen. "Mir geht es darum, Selbstbestimmung in Institutionen zu fördern", sagte Paulsen. "Die meisten Menschen haben Angst davor, in Heimen ihre Autonomie zu verlieren." Die sexuelle Autonomie gehöre dazu.

Dabei sei es oft schwierig, zuvor die Kostenübernahme zu klären, berichtete Helene Maqua von der Caritas. Denn viele Heimbewohner seien dement und nicht mehr geschäftsfähig, so dass finanzielle Fragen mit Angehörigen oder dem gesetzlichen Betreuer geklärt werden müssten. "Wenn das Pflegepersonal den Eindruck hat, dass ein Heimbewohner ein Bedürfnis hat, hat der Mitarbeiter die nicht ganz leichte Aufgabe, die Kinder darauf anzusprechen: 'Ihr Vater möchte gern, übernehmen Sie die Kosten?'", sagte Maqua. Das sei noch sehr oft mit viel Scham besetzt.