

Berlin, Koblenz (epd). Nach Ansicht des Deutschen Caritasverbandes enthält die von der katholischen Bischofskonferenz vorgestellte Studie zum Missbrauch wichtige Hinweise, um künftig Risiken zu minimieren. Gleichwohl habe die Kirche "dafür Sorge zu tragen, dass die nötigen institutionellen, personellen und theologischen Konsequenzen eingeleitet werden", sagte Präsident Peter Neher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Kirche sei diesen Menschen eine umfassende Aufarbeitung schuldig.
Die am 25. September in Fulda vorgestellte Untersuchung, die Hinweise auf mehr als 3.600 Missbrauchsopfer in der Zeit seit Ende des Zweiten Weltkriegs und auf mehr als 1.600 beschuldigte Priester enthält, zeige auch auf, wie sich die Prävention verbessern lasse. Neher sagte, es sei "zutiefst erschreckend und erschütternd, dass Kinder und Jugendliche inmitten der Kirche Opfer von sexueller Gewalt werden konnten".
Der Präsident betonte, dass die Caritas seit Jahren an der Prävention von Gewalt und Missbrauch arbeite. Der Verband hat demnach schon 2010 "Empfehlungen zur Prävention gegen sexuellen Missbrauch sowie zum Verhalten bei Missbrauchsfällen in den Diensten und Einrichtungen der Caritas" veröffentlicht und setzt dieses Vorhaben gezielt um.
Zudem habe sich der katholische Wohlfahrtsverband 2016 in einer Vereinbarung mit dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, dazu verpflichtet, Schutzkonzepte in allen Diensten und Einrichtungen der Caritas voranzubringen. Daneben würden regelmäßig Angebote wie Fortbildungen und Fachtagungen organisiert.
Neher verwies zudem darauf, dass die Diözesan-Caritasverbände in der Regel eigene Präventionsbeauftragte benannt hätten, die vor Ort ein vielfältiges Schulungsangebot entwickelt hätten. "Wir sehen die Stärkung von Handlungskompetenzen als Voraussetzungen dafür, dass unsere Fachkräfte die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch schützen können", sagte der Präsident: "Wir arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung des institutionellen Schutzes."
Das tut nach eigenen Angaben auch die katholische BBT-Gruppe mit Sitz in Koblenz. Sie ist mit 11.000 Beschäftigten einer der großen christlichen Träger von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen. "Jede Institution kann Betroffenen ehrliche und wirksame Unterstützung bieten und muss beharrlich an einer Kultur der Achtsamkeit arbeiten. Diese Aufgaben sind mühsam und mit hohem Einsatz verbunden. Doch sie sind nicht verzichtbar, wenn Vertrauen erhalten oder wiederhergestellt werden soll", sagte Geschäftsführer Albert-Peter Rethmann. Auch er warb für Schutzkonzepte, die "ein wichtiger Ausdruck unserer Wertekultur sind".
Rethmann bekannte, dass das furchtbare Leid der Opfer eines teils auch systematischen Umgangs mit sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche nicht ungeschehen gemacht werden könne. "Wo Missbrauch geschehen ist und das Vertrauen von Menschen auf unsägliche Weise verletzt wurde, ist das Fundament erschüttert."
Die Aufarbeitung der Vergangenheit habe deutlich gemacht, dass Systeme und Organisationen eine große Mitschuld tragen, sagte der Manager. Die Aufarbeitung werde noch Jahre dauern: "Die seelischen Verletzungen der Opfer sind schwerwiegend und teilweise nach Jahren und Jahrzehnten nicht verheilt." Aber er nahm die Träger in die Pflicht, sich für bessere Prävention einzusetzen, denn es gehe um die Glaubwürdigkeit kirchlichen Handelns.
Jede Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft und jedes kirchliche Unternehmen habe laut Rethmann als Teil der Kirche auch Anteil an ihrem Auftrag. "Sie sind getragen von der Überzeugung, aus ihrem Glauben heraus zum Wohl von Menschen zu wirken."
Er verwies beispielhaft auf ein Schutzkonzept, das die BBT-Gruppe entwickelt habe. Es solle helfen, die Menschen, die sich unseren Mitarbeitenden und Einrichtungen anvertrauen, vor Übergriffen und Gewalt zu schützen.
Seit dem Jahr 2014 werden in allen BBT-Einrichtungen Ombudspersonen ernannt und geschult, die als Ansprechpartner in den Einrichtungen zur Verfügung stehen, wenn bei Mitarbeitenden oder Patienten, Bewohnern und Klienten der Verdacht auf Übergriffe oder Missbrauch besteht. Alle Mitarbeitende unterschreiben den Angaben nach eine Selbstverpflichtungserklärung, mit der sie die wesentlichen Grundsätze des achtsamen Umgangs mit den ihnen anvertrauten Menschen bewusst und explizit unterstreichen.
"Dort, wo es gesetzlich vorgesehen ist, liegen uns auch entsprechend erweiterte Führungszeugnisse von Mitarbeitenden vor", berichtete Rethmann. Der wichtigste Bestandteil der Präventionsarbeit seien die Schulungen zur Verhinderung von Übergriffen. "Seit 2015 wurden bereits mehr als 5.000 Mitarbeitende der BBT-Gruppe in mehrstündigen Schulungen für die Thematik der Prävention von sexuellem Missbrauch sensibilisiert." Beschwerdewege seien etabliert und würden weiterentwickelt.