Ausgabe 34/2017 - 25.08.2017
Berlin (epd). Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), hat sich für einen Verzicht auf Alkoholwerbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgesprochen. Die Sender hätten dies selbst in der Hand, sagte Mortler am 18. August in Berlin bei der Vorstellung des Drogen- und Suchtberichts 2017. Sie forderte eine Debatte darüber, ob Alkoholwerbung im gebührenfinanzierten Fernsehen noch nötig sei. Die Opposition warf der Regierung Stillstand in der Drogenpolitik vor.
Legale Suchtstoffe wie Alkohol und Tabak richten nach Angaben Mortlers immer noch größeren gesellschaftlichen Schaden an als illegale Suchtstoffe. Dies zeigten allein die 121.000 Tabak-Toten und 74.000 Alkohol-Toten im Jahr, sagte Mortler.
Vor allem die Situation von Kindern suchtkranker Eltern müsse verbessert werden, sagte die Drogenbeauftragte. Bei 2,65 Millionen Kindern hat ein Elternteil ein Alkoholproblem. "Wenn wir die betroffenen Kinder nicht unterstützen, entwickelt ein Drittel von ihnen selbst eine Suchterkrankung und ein weiteres Drittel eine andere psychische Störung", sagte Mortler. Die CSU-Politikerin kündigte noch für diese Wahlperiode einen sogenannten Alkohol-Atlas an, der nach dem Vorbild des Tabak-Atlas' Daten, Trends und gesetzgeberische Empfehlungen liefern soll.
Tabak- und Alkoholkonsum seien tief in der Gesellschaft verwurzelt, sagte Mortler. Deutschland zählt nach Angaben des Berichts mit einem geschätzten Alkoholkonsum von etwa zwölf Litern pro Kopf zu den Hochkonsumländern. Der Durchschnittskonsum liegt nach offiziellen Angaben bei knapp sechs Litern pro Person im Jahr. 7,8 Millionen Menschen in Deutschland konsumierten Alkohol in gesundheitlich riskanter Menge, sagte Mortler.
Als weitere Herausforderung nannte Mortler den wieder gestiegen Cannabiskonsum. Laut Bericht konsumierten 2015 knapp neun Prozent der Männer und gut fünf Prozent der Frauen Cannabis - ein Anstieg um zwei beziehungsweise drei Prozent. Der Handel mit Drogen im Internet hat dem Bericht zufolge im Jahr 1016 stetig zugenommen. Auch in Zukunft werde das Internet den Zugang zu illegalen Betäubungsmittel nach offiziellen Angaben erleichtern. Hier bestehe noch Handlungsbedarf bei entsprechenden Ermittlungsbehörden.
Die Linkspartei kritisiert die Bilanz der Drogenbeauftragten als "enttäuschend". Frank Tempel, drogenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, sagte am Freitag in Berlin, seit dem Amtsantritt Mortlers sei die Zahl der Toten durch illegale Drogen um 30 Prozent gestiegen. 2016 wurden 1.333 rauschgiftbedingte Todesfälle registriert.
Harald Terpe, Sprecher der Grünen für Drogen- und Suchtpolitik, sagte, Mortlers Bilanz der vergangenen vier Jahre falle mager aus. "Die Konsumzahlen sind gleichbleibend hoch. Allein dies zeigt schon, dass das die bestehende Prohibition nicht wirkt." Gerade weil viele Substanzen nicht harmlos seien, brauche es eine effektive Regulierung mit Verbraucher- und Jugendschutz, wie es seine Partei mit dem Cannabiskontrollgesetz vorgeschlagen hätten. "Pauschale Verbote, die in der Praxis nicht durchgesetzt werden können und einen riesigen Schwarzmarkt schaffen, bewirken das Gegenteil." Die Union verweigere eine unabhängige Evaluation der aktuellen Drogenpolitik.