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Islam

Studie würdigt Integration von Muslimen




Erzieherin mit Kopftuch in einer evangelischen Kita
epd-bild/KUNZ/Martin H. Hartmann
Junge Muslime in Deutschland haben häufiger Jobs, sprechen öfter die deutsche Sprache und sind zunehmend besser integriert. Laut einer aktuellen Studie gibt es in Deutschland aber weiterhin auch Benachteiligungen, besonders für religiöse Muslime.

Die Integration von Muslimen in Deutschland ist im europäischen Vergleich offenbar auf einem guten Weg. Zugleich gibt es aber laut einer aktuellen Studie weiterhin Defizite. Besonders gut sei die Integration von Muslimen in den Arbeitsmarkt, erklärte die Bertelsmann Stiftung am 24. August in Gütersloh bei der Vorstellung des "Religionsmonitor 2017". Befragt wurden mehr als 10.000 Muslime, die bis 2010 nach Europa kamen, in deutschsprachigen Ländern sowie in Frankreich, Großbritannien und der Türkei.

Muslime seien spätestens seit der zweiten Generation in Deutschland mehrheitlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Der Grad der Beschäftigung von Muslimen unterscheide sich kaum vom Bundesdurchschnitt der deutschen Erwerbsbevölkerung.

80 Prozent der Muslime haben Jobs

Rund 80 Prozent der Muslime arbeiteten in Vollzeit oder in Teilzeitstellen. Auch die Arbeitslosenquote von Muslimen und Einheimischen gleiche sich an. Jeder zweite Muslim habe einen deutschen Pass. 96 Prozent erklärten eine Verbundenheit mit Deutschland.

Jedoch verließ noch mehr als jeder dritte muslimische Jugendliche (36 Prozent) in Deutschland vor Ende des 17. Lebensjahres die Schule. In Frankreich, wo Kinder gemeinsam länger lernten, sei es nur jeder neunte (elf Prozent).

Benachteiligungen sieht die Studie vor allem gegenüber hochreligiösen Muslimen. Sie verdienten weniger als Muslime, die ihre Religion nicht praktizierten. Außerdem hätten sie es schwer, einen Job zu finden, der ihrem Qualifikationsniveau entspreche. In Deutschland bezeichneten sich 40 Prozent der Muslime als hochreligiös.

Religiöse Bedürfnisse wie Gebete und Moscheegänge sollten auch mit Vollzeitjobs vereinbar sein, forderte die Islam-Expertin der Bertelsmann Stiftung, Yasemin El-Menouar. Sie verwies auf Großbritannien: Das Bekenntnis zum Glauben und die Ausübung der Religion seien dort im Arbeitsleben kein Tabu. Beispielsweise dürften britische Polizistinnen bereits seit zehn Jahren im Dienst ein Kopftuch tragen.

Integrationsleistung oft nicht anerkannt

Die Integrationsleistung von Muslimen werde oftmals auch nicht genug anerkannt, beklagte die Studie. So gebe jeder fünfte Bundesbürger (19 Prozent) an, keine Muslime als Nachbarn haben zu wollen.

Für eine bessere Integration müssen nach Auffassung der Studienautoren die Chancen auf Teilhabe verbessert werden, besonders im Bildungssystem. Zudem solle der Islam als Religionsgemeinschaft institutionell gleichgestellt werden. In Deutschland leben laut Schätzung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zwischen 4,4 und 4,7 Millionen Muslime.

Religionspolitiker von SPD und Grünen forderten, bei der Gleichstellung voranzukommen. Das müsse in den Schulen anfangen, erklärte die Kirchenbeauftragte der SPD im Bundestag, Kerstin Griese. Der Islamunterricht an den Schulen müsse so selbstverständlich sein wie evangelische oder katholische Religionskunde oder Ethikunterricht. Der Grünen-Politiker Volker Beck forderte, die Diskriminierung insbesondere muslimischer Frauen mit Kopftuch zu beseitigen.

Zick: Viele Vorurteile vorhanden

Der Konfliktforscher Andreas Zick mahnte eine größere Anerkennung der Leistungen von Muslimen für die Integration an. Noch gebe es viele Vorurteile gegenüber Muslimen und dem Islam, sagte der Wissenschaftler am Donnerstag in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). Befragungen seines Instituts zufolge befürchteten viele Bundesbürger eine Unterwanderung durch den Islam. "Die Anerkennung von Integration ist aber ein wesentlicher Bestandteil der Integration selbst", unterstrich Zick.

Der Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung vergleicht international die Bedeutung von Religion für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Grundlagen sind repräsentative Bevölkerungsumfragen.

Holger Spierig

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