Ausgabe 31/2017 - 04.08.2017
Karlsruhe (epd). In Betreuungsverfahren vor Gericht, bei denen psychisch Kranke persönlich angehört werden, muss auch ein einmal bestellter Verfahrenspfleger teilnehmen können. Anderenfalls ist die Entscheidung über die Betreuung fehlerhaft und muss aufgehoben werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 27. Juli veröffentlichten Beschluss.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen muss das Betreuungsgericht bei der Einrichtung einer Betreuung einen Verfahrenspfleger bestellen, "wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist". In der Regel ist das der Fall, wenn ein Betreuer sich um alle Angelegenheiten des Betroffenen kümmern soll. Der Verfahrenspfleger soll im Betreuungsverfahren für die Rechte des zu Betreuenden eintreten.
Im jetzt entschiedenen Fall hatte eine 41-jährige, an einer paranoiden Schizophrenie erkrankte Frau die Aufhebung ihrer Betreuung beantragt. Das Amtsgericht hörte die Frau zwar an, der bestellte Verfahrenspfleger war bei der Anhörung aber nicht beteiligt. Das Landgericht bestätigte die Einrichtung der Betreuung, ohne die 41-Jährige nochmals persönlich zu befragen. Eine Betreuerin könne sicherstellen, dass Behandlungs- und Reha-Möglichkeiten besser umgesetzt werden. Einer weiteren Chronifizierung der Erkrankung könne entgegengewirkt werden.
Doch das Landgericht muss jetzt neu über die Einrichtung der Betreuung entscheiden, befand der BGH. Das Amtsgericht habe einen Fehler begangen, als es bei der persönlichen Anhörung der Betroffenen den Verfahrenspfleger nicht hinzugezogen habe. Das Landgericht hätte wegen dieses Fehlers daher erneut die Frau persönlich anhören und dem Verfahrenspfleger Gelegenheit zur Teilnahme an der Befragung geben müssen. Der Verfahrenspfleger ist „vom Gericht im selben Umfang wie der Betroffene an den Verfahrenshandlungen zu beteiligen“, entschied der BGH.
Zwar sei die Bestellung eines Verfahrenspflegers nicht immer erforderlich. Sobald aber ein Gericht einen Verfahrenspfleger bestellt habe, erlange er „eine vollwertige Beteiligtenstellung in dem Betreuungsverfahren“, betonte das Gericht.
Az.: XII ZB 45/17