Ausgabe 29/2017 - 21.07.2017
Stuttgart (epd). Jobcenter können verpflichtet werden, die Kosten für eine Räumungsklage zu übernehmen. Im konkreten Rechtsstreit konnte ein Hartz-IV-Bezieher wegen rechtswidrig versagter Leistungen des Jobcenters seine Miete nicht bezahlen. Nun muss die Behörde die Kosten für die vom Vermieter eingelegte Räumungsklage übernehmen. Die Gerichtskosten sind als einmalig anfallender Unterkunftsbedarf zu berücksichtigen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 6. Juli bekanntgegebenen Urteil.
Damit bekam ein chronisch psychisch kranker und im Hartz-IV-Bezug stehender Mann recht. Das Jobcenter hatte ihn 2011 aufgefordert, eine Rente wegen Erwerbsminderung zu beantragen. Die Behörde bat die Deutsche Rentenversicherung ebenfalls um Prüfung der Erwerbsfähigkeit und stellte für den Kläger einen Rentenantrag. Daraufhin wurde das Rentenverfahren eingeleitet.
Ab Februar 2013 strich das Jobcenter sämtliche Hartz-IV-Leistungen. Begründung: Der Mann habe seine Antragsformulare im Rentenverfahren nicht abgegeben und damit gegen seine Mitwirkungspflicht verletzt. Der Mann konnte daraufhin seine Miete nicht mehr bezahlen. Erst als er die Antragsformulare im Juni 2013 der Rentenversicherung übersandt hatte, zahlte das Jobcenter wieder Hartz-IV-Leistungen.
Doch währenddessen hatte der Vermieter wegen der Mietrückstände Räumungsklage eingelegt, diese nach Bezahlung der Mietschulden aber wieder zurückgezogen. Die bis dahin angefallenen Gerichtskosten in Höhe von 857,68 Euro wurden dem Hartz-IV-Bezieher in Rechnung gestellt.
Das LSG urteilte, dass das Jobcenter hierfür aufkommen muss. Denn dieses hätte die Hartz-IV-Leistungen nicht streichen dürfen. So sei gar nicht ersichtlich, warum die Antragsformulare an die Deutsche Rentenversicherung zur Klärung der Erwerbsfähigkeit überhaupt notwendig waren. Für die gutachterliche Stellungnahme würden gar keine Antragsformulare benötigt.
Das Jobcenter habe auch nicht geprüft, ob der Kläger wegen seiner psychischen Erkrankung überhaupt zur Abgabe der Anträge in der Lage war. Auch sei nicht geklärt, wieso die Behörde sofort sämtliche Leistungen gestrichen hatte. Der Kläger habe schließlich Anspruch auf Sicherung seines Existenzminimums.
Das Verschulden des Jobcenters habe letztlich dazu geführt, dass die Mietrückstände aufgelaufen sind. Daher müsse die Behörde auch für deshalb angefallene Kosten - hier für die Räumungsklage - aufkommen.
Die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel wurde zugelassen.
Az.: L 9 AS 1742/14