Ausgabe 29/2017 - 21.07.2017
Luxemburg (epd). Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat am 18. Juli über die Praxis kirchlicher Arbeitgeber verhandelt, Stellen nur für christliche Bewerber auszuschreiben. Dabei ging es um den Fall einer konfessionslosen Frau, die sich erfolglos beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung in Berlin beworben hatte. In der Stellenausschreibung hieß es, dass die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehörenden Kirche vorausgesetzt werde.
In der mündlichen Verhandlung traten Vertreter der beiden Parteien sowie der Bundesregierung und der EU-Kommission auf. Generalanwalt Evgeni Tanchev kündigte seine Schlussanträge für den 9. November an. Dabei handelt es sich um ein Gutachten, dem die Richter oft folgen. Das Urteil des EuGH wird dann wiederum einige Monate später verkündet. In dessen Rahmen muss schließlich die deutsche Justiz den Fall konkret entscheiden.
Bei der Diakonie-Stelle handelte es sich um eine befristete Tätigkeit. Sie umfasste die Untersuchung, inwieweit Deutschland die UN-Antirassismuskonvention umsetzt. Die konfessionslose Frau wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Sie klagte und forderte eine Entschädigung von mindestens 9.788,65 Euro. Sie sei nicht ausgewählt worden, weil sie keiner Kirche angehöre. Das stelle eine Diskriminierung aus religiösen Gründen dar, argumentierte sie.
Das Arbeitsgericht Berlin gab noch der Frau Recht, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg dagegen der Diakonie. Es sei nicht zu beanstanden, dass das evangelische Werk "für die ausgeschriebene Referententätigkeit eine Identifikation mit ihm fordert, die nach außen durch die Kirchenmitgliedschaft dokumentiert wird". Schließlich landete der Fall vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt, der ihn an den EuGH überwies.
Denn einschlägig für den Fall ist die Auslegung eines EU-Gesetzes, der EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (2000/78/EG). Sie verbietet Diskriminierung aufgrund des Alters, der sexuellen Orientierung und wegen der Religion oder Weltanschauung. Allerdings erlaubt das Gesetz eine "Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung", wenn dies "angesichts des Ethos der Organisation" beruflich erforderlich sei. Ins deutsche Recht umgesetzt wurde das EU-Gesetz durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Az.: C-414/16