sozial-Politik

Umfrage

Bertelsmann Stiftung mahnt Transparenz-Offensive in der Pflege an




Hilfe im Pflegebett
epd-bild/Meike Böschemeyer
Die Mehrheit fühlt sich bei der Suche nach dem passenden Pflegeplatz im Stich gelassen. Die Bertelsmann Stiftung mahnt mehr und bessere Informationen an. Auch Sozialverbände und die Grünen fordern Reformen.

Die Bertelsmann Stiftung fordert einen deutlich verbesserten "Pflege-TÜV". So sollten wesentlich mehr Informationen über die Pflegeleistung und die Personalstärke für alle abrufbar sein, erklärte die Stiftung am 20. Juli in Gütersloh. Nach einer Umfrage der Stiftung befürchtet jeder zweite Bundesbürger, wegen mangelnder Information im Alter nicht die richtige Pflege zu finden. Die Stiftung Patientenschutz äußerte sich skeptisch gegenüber der von der Bundesregierung geplanten Reform des "Pflege-TÜV". Verbesserungsbedarf sehen auch die Diakonie und die Grünen.

Pflege-TÜV kommt nicht gut weg

Der derzeitige sogenannte Pflege-TÜV mit den "Pflegenoten" liefere nicht genug Informationen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Zwar sollte der vom Gesetzgeber einberufene Qualitätsausschuss diese Mängel bis Ende des Jahres abschaffen. Das Gremium habe jedoch bereits angekündigt, diese Frist nicht einhalten zu können. Bereits heute wäre es jedoch ohne großen Aufwand möglich, entscheidungsrelevante Informationen bereitzustellen, sagte der Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung, Stefan Etgeton.

Nach einem Forderungskatalog der "Weißen Liste", einem Projekt der Bertelsmann Stiftung, sollten Pflegeanbieter verpflichtet werden, über ihre Leistungen und Ausstattung Bericht zu erstatten. Das Projekt schlägt zudem deutlichere Wertungen wie ein rotes Warndreieck für besonders schlechte und einen grünen Daumen für besonders gute Pflegequalität vor. Über die gesundheitsbezogene Pflegequalität hinaus müsse auch die Lebensqualität der Pflegebedürftigen stärker in den Blick genommen werden. Zudem sollten Erfahrungen von Menschen in der Pflege oder ihrer Angehörigen veröffentlicht werden, hieß es.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) auf, die wichtigen Pflege-Bewertungen nicht allein den Kassen und Pflegeanbietern zu überlassen. Nötig sei ein unabhängiges Gremium, in dem die Betroffenen ausreichend Sitz und Stimme hätten, erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch in Dortmund. "Traumnoten am Fließband verschleiern die Missstände und haben mit der Realität nichts zu tun", sagte Brysch.

Maßstäbe für gute Qualität

Die Grünen forderten, Maßstäbe für gute Qualität in der Pflege müssten umgehend erarbeitet werden. Der sogenannte Qualitätsausschuss dürfe das nicht länger hinauszögern. Für die Umsetzung solle ein unabhängiges Institut für die Pflege geschaffen werden, forderte die Pflegeexpertin der Grünen, Elisabeth Scharfenberg.

Die Diakonie Deutschland hält mehr Transparenz bei Daten wie Leistungsangebote und räumliche Gestaltung für sinnvoll. Allerdings sollten diese nach bundesweit einheitlichen Regeln erhoben werden, damit sich die Daten auch vergleichen ließen, sagte Diakonie-Pflegeexperte Manfred Carrier in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Offizielle Veröffentlichungen von Prüfergebnissen sollten jedoch nicht mit subjektiven Meinungsäußerungen auf der gleichen Seite vermischt werden.

Nach einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung ist jeder zweite Bundesbürger unsicher bei der Wahl eines passenden Pflegeheimes. Fast zwei Drittel (63 Prozent) befürchteten, dass es in den Einrichtungen zu wenig Personal gebe, erklärte die Stiftung. Neun von zehn Befragten bemängelten vor allem zu wenig öffentliche Information zu den Pflegeeinrichtungen.

Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung eine Neuregelung des umstrittenen Systems der Pflegenoten beschlossen. Die neuen Pflegenoten werden von einem Pflegequalitätsausschuss entwickelt. Laut Bertelsmann Stiftung sollen frühestens 2019 erste Ergebnisse vorliegen. Der bisherige Pflege-TÜV stand wegen seiner geringen Aussagekraft und seinen zu positiven Bewertungen in der Kritik.

Holger Spierig

« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Expertin: "Kinder aus Regenbogenfamilien entwickeln sich genauso gut"

Für die Entwicklungschancen von Kindern spielt es nach Angaben der Soziologin Andrea Buschner keine Rolle, ob ihre Eltern in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben oder nicht. "Kinder, die bei gleichgeschlechtlichen Paaren aufwachsen, entwickeln sich genauso gut, denn es kommt auf die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung an und nicht auf die sexuelle Orientierung der Eltern", sagte die Wissenschaftlerin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Buschner forscht beim Staatsinstitut für Familienforschung der Uni Bamberg zu verschiedenen Familienformen und hat an der deutschlandweit einzigen Studie zum Aufwachsen in Regenbogenfamilien mitgearbeitet.

» Hier weiterlesen

Projekt Kinderdemokratie startet an Göttinger Uni

Eine neue Initiative an der Göttinger Universität will die Demokratiebildung an Grundschulen begleiten und fördern. Das Projekt "Demokratie lernen - Grundschulen als Schlüsseleinrichtungen der Demokratiebildung" ist am Institut für Demokratieforschung angesiedelt. Kooperationspartner seien das Niedersächsische Kultusministerium und das Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ), teilte das Institut am 17. Juli mit.

» Hier weiterlesen

Suchthilfe-App unterstützt Flüchtlinge

Der Berliner Senat hat eine neue Hilfe-App für Flüchtlinge mit Suchtproblemen gestartet. Mit der Smartphone-Anwendung "Guidance" soll Geflüchteten der Zugang zur Berliner Suchthilfe erleichtert werden, wie der Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Boris Velter (SPD), am 14. Juli sagte.

» Hier weiterlesen