sozial-Recht

Bundesverfassungsgericht

Kein Freibrief für Durchsuchung von Gefängniszellen



Rügen Häftlinge tägliche, teils mehrstündige Durchsuchungen ihrer Zelle, dürfen Gerichte das nicht einfach übergehen. Auch wenn vom Land regelmäßige Durchsuchungen angeordnet werden, muss die Justizvollzugsanstalt ihr Vorgehen begründen, betonte das Bundesverfassungsgericht in einem am 21. Juni veröffentlichten Beschluss. Zumindest müsse darauf hingewiesen werden, dass Haftraumdurchsuchungen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung erforderlich sind.

Damit hatte ein Häftling mit seiner Verfassungsbeschwerde Erfolg, der in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verbüßt. Der Mann wollte sich gerichtlich dagegen wehren, dass - nach seinen Angaben - sein Haftraum täglich, teilweise mehrere Stunden lang durchsucht wird. Das sei unverhältnismäßig.

Die Justizvollzugsanstalt bestritt die täglichen Haftrauminspektionen, bestätigte aber unangekündigte wöchentliche Durchsuchungen. Nach dem Brandenburgischen Justizvollzugsgesetz müssten sich die Justizbediensteten "laufend" davon überzeugen, dass nichts in den Gefangenenräumen Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdet. Das zuständige Ministerium schreibe wöchentliche Inspektionen vor.

Das Landgericht Cottbus hielt die Haftraumdurchsuchungen für rechtmäßig. Doch habe das Gericht das Ansinnen des Häftlings nicht ausreichend geprüft, monierten die Verfassungsrichter. Auch wenn die Durchsuchungen wöchentlich angeordnet seien, müsse die Justizvollzugsanstalt diese immer begründen. Das Gesetz sehe hier als Grund die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung vor. Die Justizvollzugsanstalt habe aber nicht selbst dargetan, warum die Durchsuchungen notwendig seien, sondern lediglich auf die geltenden Bestimmungen verwiesen.

Das Landgericht habe dies nicht berücksichtigt und noch nicht einmal überprüft, ob die Zellendurchsuchungen - wie vom Häftling angegeben täglich oder laut Justizvollzugsanstalt wöchentlich durchgeführt wurden. Die Karlsruher Richter verwiesen den Fall daher erneut an das Landgericht zurück.

Az.: 2 BvR 1160/17


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