Ausgabe 16/2017 - 21.04.2017
Hamm (epd). Ein Krankenhaus muss laut Gerichtsurteil unter Umständen haften, wenn ein dementer Patient aus dem Fenster springt. Das Krankenhaus sei dazu verpflichtet, Patienten vor Schäden und Gefahren zu schützen, erklärte das Oberlandesgericht Hamm in einem am 19. April veröffentlichten Urteil. Bei einem dementen Patienten, der sich unberechenbar verhalte, müsse auch mit einem Fluchtversuch durch das Fenster gerechnet werden. Das Gericht verurteilte ein Krankenhaus zu Schadensersatz gegenüber einer Krankenkasse, nachdem eine Patientin aus einem ungesicherten Fenstern sprang.
Die demente Frau wurde im Jahr 2011 wegen eines Schwächeanfalls in ein Krankenhaus eingewiesen. Am Aufnahmetag war sie nach Gerichtsangaben unruhig, aggressiv und desorientiert. Sie habe die Station verlassen wollen. Die Patientin sei mit Medikamenten ruhig gestellt worden. Um sie am Weglaufen zu hindern, verstellten Krankenschwestern die Tür des Krankenzimmers von außen mit einem Krankenbett. Die Frau kletterte am dritten Behandlungstag aus dem Zimmerfenster und stürzte fünf Meter tief auf ein Vordach.
Den Angaben zufolge erlitt die Patientin durch den Sturz erhebliche Verletzungen und wurde in einer anderen Klinik behandelt. Von dort aus kam sie in ein Pflegeheim, in dem sie später starb. Die Krankenkasse klagte auf die Erstattung der Behandlungskosten der Unfallfolgen in Höhe von mehr als 90.000 Euro. Das Oberlandesgericht bestätigte den Schadensersatzanspruch und änderte das Urteil der Vorinstanz ab. Das Krankenhaus hätte die Patientin am Öffnen des Fensters hindern müssen oder sie in einem Zimmer im Erdgeschoss unterbringen müssen, erklärten die Richter.
Az.: 26 U 30/16