sozial-Recht

Bundessozialgericht

"Beurlaubung" vom Therapieplan statt Klinikentlassung



Das Bundessozialgericht (BSG) erinnerte in einem neuen Urteil die Krankenhäuser an ihre Pflicht zur Wirtzschaftlichkeit. Will ein stationär aufgenommener schwer kranker Patient eine Zweitmeinung einholen und einige Tage über die Therapie nachdenken, kann die Klinik ihn nicht einfach formal entlassen und einige Tage später wieder neu aufnehmen. Vielmehr muss das Krankenhaus eine für die Krankenkasse günstigere "Beurlaubung" vom Therapieplan in Betracht ziehen, urteilte am 28. März das BSG in Kassel.

Im konkreten Fall wurde bei einem Patienten Nierenkrebs festgestellt. Die Ärzte des Klinikums Worms gGmbH empfahlen dringend eine Operation. Doch der Eingriff barg die Gefahr, dass der Patient lebenslang auf eine Dialyse angewiesen ist.

Er wollte daher eine Zweitmeinung einholen und über den Eingriff in Ruhe nachdenken. Die Klinik entließ ihn daraufhin und nahm ihn zehn Tage später für die OP wieder neu auf.

Das Krankenhaus berechnete für den ersten und für den zweiten Aufenthalt des Patienten jeweils eine Fallpauschale. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) meinte, dass die Krankenkasse weniger zahlen müsse. Denn die Behandlung sei nach der ersten Entlassung noch nicht beendet worden.

Das BSG gab dem MDK recht. Dem Krankenhaus stehe kein weiterer Vergütungsanspruch zu. Die Klinik hätte, um wirtschaftlich zu handeln, den Versicherten "für die überschaubare Zeit entsprechend dem Therapieplan beurlauben sollen, statt ihn zu entlassen". Entgegenstehendes Landesvertragsrecht sei nichtig.

Az.: B 1 KR 29/16 R


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