Ausgabe 14/2017 - 07.04.2017
Darmstadt (epd). Eine hessische Altenpflegerin ist vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen worden. Das Landgericht Darmstadt verurteilte die 43-Jährige aus dem Odenwaldkreis am 5. April jedoch wegen einfacher Körperverletzung zu einem Jahr Haft, ausgesetzt auf Bewährung für eine Frist von drei Jahren. Die Richter ahndeten damit die eigenmächtige Gabe des Schmerzmittels Morphin an einen im Sterben liegenden Patienten. Die Verabreichung von Betäubungsmitteln und ein Eingriff in den Körper ohne ärztliche Anweisung seien Körperverletzung, hieß es zur Begründung.
Die Staatsanwaltschaft war nach den Aussagen der behandelnden Ärztin in dem Alten- und Pflegeheim in Beerfelden und der wissenschaftlichen Gutachter von dem ursprünglichen Vorwurf des versuchten Totschlags abgerückt. Oberstaatsanwalt Knut Happel plädierte auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, 150 Stunden gemeinnützige Arbeit und ein dreijähriges Berufsverbot. Die Angeklagte habe dem Sterbenden eigenmächtig zehn Milligramm Morphin statt der ärztlich angeordneten fünf Milligramm gespritzt, sagte Happel. Die Ärztin habe die Ermächtigung, dass bei Bedarf die zweite Hälfte der Ampulle auch früher als im angeordneten Abstand von vier Stunden gegeben werden darf, nur einer anderen Pflegeschwester gegenüber geäußert.
Die Verteidigung sah weder einen versuchten Totschlag noch eine Körperverletzung gegeben. Die behandelnde Ärztin habe nach eigenen Aussagen den Tod des Patienten jederzeit in der betreffenden Nacht erwartet, führte Rechtsanwalt Manfred Döring aus. In diesem Wissen habe die Angeklagte die Schmerzen des Patienten lindern wollen, nachdem dieser am späten Abend wieder zu stöhnen begann. Sie habe aufgrund ihrer Erfahrung gewusst, dass eine Dosis von zehn Milligramm Morphin keine tödliche Wirkung hat. Der Vorwurf einer Körperverletzung setze einen gesundheitlichen Schaden voraus. "Dies anzunehmen, ist bei einer Person im Sterben lächerlich", sagte der Verteidiger.
Az.: 11 Ks - 500 Js 21658/16