Ausgabe 10/2017 - 10.03.2017
Luxemburg (epd). Flüchtlingen bleibt eine geregelte legale Einreise nach Europa mittels sogenannter humanitärer Visa weiterhin verwehrt. Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg urteilte, steht es den EU-Mitgliedsstaaten weiterhin frei, selbst nach nationalem Recht zu entscheiden, ob sie von Folter und Tod bedrohten Flüchtlingen ein entsprechendes Visum erteilen. Sie seien nach EU-Recht nicht zur Erteilung humanitärer Visa verpflichtet.
Damit scheiterte eine aus Aleppo stammende syrische Familie mit drei minderjährigen Kindern mit ihrer Klage. Sie war infolge des Bürgerkrieges nach Beirut in den Libanon geflohen. In der belgischen Botschaft beantragte sie im Oktober 2016 erfolglos ein humanitäres Visum, welches zum 90-tägigen Aufenthalt in Belgien berechtigt hätte.
Die Familie hatte angegeben, dass sie Asyl beantragen wolle. Sie würden in Syrien als orthodoxe Christen verfolgt. Der Vater sei bereits von einer bewaffneten Gruppe entführt, geschlagen und gefoltert worden. Erst gegen Lösegeld hätten ihn seine Entführer freigelassen. Im Libanon selbst durfte die Familie nicht bleiben.
Die Familie berief sich in ihrem Visa-Antrag auf die EU-Grundrechte-Charta und die europäische Erklärung der Menschenrechte. Danach hätten die Mitgliedstaaten die Verpflichtung, das Asylrecht zu gewährleisten und müssten ein humanitäres Visum zur Asylantragstellung erteilen.
Die belgischen Behörden erklärten, das gewünschte Visum sei auf 90 Tage begrenzt und nicht für das Stellen eines Asylantrages gedacht. EU-Mitgliedstaaten seien nicht verpflichtet, Menschen, die eine besonders katastrophale Situation erlebt haben, ein humanitäres Visum auszustellen.
Dem folgte auch der EuGH. Die Familie habe ein kurzfristiges Visum beantragt, habe aber tatsächlich mit der beabsichtigten Asylantragstellung länger bleiben wollen. Der EU-Gesetzgeber habe aber keine Regelungen erlassen, unter welchen Voraussetzungen Nicht-EU-Bürger langfristige Visa aus humanitären Gründen erhalten können. Da EU-Recht nicht greift, zähle allein das nationale, in diesem Falle also das belgische Recht.
Az: C-638/16 PPU