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Bildung

Mit "Balu und Du" gegen Kinderarmut




Das Logo der Initiative.
epd-bild / Balu und Du
Es wäre so einfach, ungleiche Startchancen bei Kindern vergessen zu machen, meinen Forscher der Uni Bonn. Jedes benachteiligte Grundschulkind sollte einen Mentor bekommen. Christian und sein Mentor Felix jedenfalls sind mittlerweile echte Freunde.

Christian (15) und Felix (35) sind Freunde. Dabei wollte Christian den so viel Älteren eigentlich gar nicht kennenlernen. Erwachsene seien uncool, fand er damals, vor fünf Jahren. Mit einem unmissverständlichen "Du kannst wieder gehen", hat er Felix an der Wohnungstür abgefertigt. Seine Mutter ist alleinerziehend und fand, ein wenig männliche Unterstützung täte ihrem Sohn gut. Felix ging nicht und wurde sein Mentor.

"Heute bin ich froh darüber", sagt Christian. Mit gekreuzten Beinen sitzt er auf dem Sofa in der Wohnung seines großen Freundes in Osnabrück und wiegt ziemlich routiniert Felix Sohn Kasimir (drei Monate) auf seinem Schoß.

Schwimmen, Kochen, Filme gucken

Felix Weber und Christian Holste waren Teilnehmer des Mentorenprogramms "Balu und Du". Ein Jahr lang trafen sie sich einmal pro Woche, gingen Schwimmen oder Schlittschuhlaufen, kochten gemeinsam, bauten einen Bumerang, fuhren freihändig Fahrrad oder sahen sich Filme im Kino an. Felix war damals Student, Christian besuchte die Grundschule - eine typische Kombination.

Seit dem Start des Programms 2002 sind bundesweit mehr als 8.600 Balu-und-Du-Gespanne vermittelt worden. Seinen Namen hat das Programm vom Bären Balu aus dem Dschungelbuch von Rudyard Kipling, der sich um das Menschenkind Mogli kümmert. Erfunden haben es damals Wissenschaftler in Osnabrück und Köln.

Vor allem benachteiligte Kinder sollen von der ungeteilten Aufmerksamkeit profitieren, die ihnen ein junger, ehrenamtlich engagierter Erwachsener entgegenbringt. Forscher haben jetzt herausgefunden: "Das Programm kann ungleiche Startchancen bei Kindern ausgleichen und die Kluft zwischen Arm und Reich verringern", sagt Fabian Kosse, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Bonn.

Prosozialität verbessert auch Schulchancen

Kosse und Projektleiter Professor Armin Falk gehen davon aus, dass Gesellschaften besser funktionieren, wenn die Individuen besonders "prosozial" sind. "Das heißt, sie vertrauen anderen, sind empfindsam und uneigennützig", erklärt Kosse. Auch die Menschen selbst, so haben sie gemessen, sind umso glücklicher je prosozialer sie sind. Kosse und Falk folgern, dass Prosozialität auch die Erfolgschancen in der Schule und später auf dem Arbeitsmarkt erhöht.

Im Rahmen einer Studie haben die Forscher das prosoziale Verhalten von mehr als 700 Kindern untersucht. Das Besondere war, dass ein zufällig ausgewählter Teil der Kinder einen Mentor zugewiesen bekam, die anderen nicht. Erstes Ergebnis: Bevor sie einen Mentor bekamen, waren Kinder aus sozial benachteiligten Familien deutlich weniger prosozial als Kinder aus bevorzugten Familien.

Zweites Ergebnis: Nach einem Jahr Mentorenprogramm hatten die benachteiligten Kinder den Rückstand komplett aufgeholt. Und es kommt noch besser: "Dieser Effekt ist auch nach mehreren Jahren noch genau so groß." Deshalb fordern die Forscher, dass in ganz Deutschland viel mehr Grundschulkinder einen Mentor bekommen sollten.

Beide Partner haben viel profitiert

Auch Christian hat von Balu und Du profitiert - sagt jedenfalls sein Balu Felix. Der Familienvater ist stolz, dass Christian sein Leben jetzt so gut "im Griff" hat. "Der ist ja schon ein richtiger junger Mann." Christian protestiert: "Ich hatte mein Leben eigentlich schon immer im Griff", weist er den Älteren grinsend zurecht. Der 15-Jährige findet es vor allem cool, "dass man mit Felix ganz viel Blödsinn machen kann". Außerdem habe der ihn drauf gebracht, dass er statt Polizist ja auch Tischler werden könnte. "Das war, als wir das Gewürzregal gebaut haben", erinnert sich Christian.

Heute gehören Felix und Christian schon fast zur Familie des jeweils anderen. Das Mentorenprogramm ist längst zu Ende. Doch mindestens einmal im Vierteljahr treffen die beiden sich noch immer. Felix wurde im vergangenen Jahr Christians Taufpate. Kürzlich half er, als Christians Mutter den Keller entrümpelt hat. Christian wiederum hat Felix neues Smartphone eingerichtet. Und im vergangenen Jahr haben sie gemeinsam eine einwöchige Städtetour unternommen - nach Berlin und dann mit dem Flugzeug von dort nach Frankfurt. "Das war mein erster richtiger Urlaub und meine erste Flugreise", schwärmt Christian.

Martina Schwager

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