Ausgabe 10/2017 - 10.03.2017
Berlin (epd). Das von der Bundesregierung geplante Entgelttransparenzgesetz wird von Sachverständigen unterschiedlich bewertet. In einer Anhörung des Familienausschusses über den von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgelegten Entwurf und Anträge der Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen bekannten sich am 6. März zwar alle Fachleute zum Grundsatz einer geschlechtergerechten Bezahlung. Allerdings bemängelten vor allem die Arbeitgebervertreterinnen den aus ihrer Sicht großen Bürokratieaufwand des Gesetzes für Betriebe. Den Befürworterinnen der Pläne geht dagegen das Gesetz an verschiedenen Punkten jedoch nicht weit genug.
Christina Boll vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) wies darauf hin, dass Deutschland mit 21 Prozent europaweit eine der größten Lohnlücken aufweise. Etwa 14 Prozent ließen sich statistisch erklären, weil Frauen beispielsweise öfter in Teilzeit und in schlechter bezahlten Berufen arbeiteten oder aufgrund schwangerschaftsbedingter Erwerbsunterbrechungen Karrierenachteile hinnehmen müssten. Die übrigen sieben Prozent, die sogenannte unerklärte oder bereinigte Lohnlücke ließe sich jedoch nicht automatisch mit der Diskriminierung von Frauen erklären, zumindest fehle es dafür an eindeutigen Belegen, erläuterte Boll. Den Gesetzentwurf begrüßte sie dennoch.
Für mehr Transparenz bei den Löhnen sprachen sich neben Monika Arzberger vom Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) auch Elke Hannack vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und Gisela Ludwig vom Deutschen Juristinnenbund aus. Allerdings bemängelten sie, dass die geplanten Engeltüberprüfungsverfahren nur in Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten und auf freiwilliger Basis erfolgen sollen und dass die Messinstrumente nicht vorgeschrieben seien. Der Weg der Freiwilligkeit habe in der Vergangenheit schon zu keinem Erfolg geführt, kritisierte Hannack. Ludwig plädierte dafür, die Prüfverfahren verpflichtend auf alle Betriebe auszuweiten.
Claudia Große-Leege vom Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) und Christina Raab von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) begrüßten ausdrücklich, dass die Prüfungen nicht verpflichtend, sondern freiwillig erfolgen sollen. Die Arbeitgeber hätten gar kein Interesse daran, ihre weiblichen Beschäftigten schlechter zu bezahlen und könnten sich dies "im Kampf um die besten Köpfe" auch gar nicht mehr erlauben.
Löhne würden in der freien Marktwirtschaft nicht abstrakt festgelegt und könnten je nach Branchenentwicklung, Produktivität und Fachkräftenachfrage auch in gleichen Berufen und Tätigkeiten unterschiedlich ausfallen, argumentierte Große-Leege. Christina Raab sagte, das Gesetz verfehle sein berechtigtes Anliegen nach Lohngerechtigkeit. Allerdings gebe es keinerlei wissenschaftlichen Belege für geschlechtsbedingte Lohndiskriminierungen. Das Gesetz belaste umgekehrt die Betriebe mit unverhältnismäßigen Bürokratiekosten. Diese seien im Gesetzentwurf zu niedrig veranschlagt, sagte Raab.