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SPD-Vorstand beschließt Verbesserungen beim Arbeitslosengeld




SPD: Bei Qualifizierungen soll es länger Arbeitslosengeld geben.
epd-bild / Werner Krüper
Für ihr Programm zur Bundestagswahl hat die SPD die Forderungen ihres Spitzenkandidaten Martin Schulz nach Verbesserungen beim Arbeitslosengeld konkretisiert. Sein Vorhaben, die Agenda 2010 zu reformieren, trägt den Namen "Arbeistlosengeld Q".

Der Parteivorstand beschloss am 6. März einstimmig ein Konzept, das eine längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I vorsieht, um eine Weiterqualifizierung der Betroffenen zu ermöglichen, wie SPD-Generalsekretärin Katarina Barley im Anschluss in Berlin mitteilte. Unter dem Titel "Arbeitslosengeld Q" soll demnach ein bislang nicht vorhandener Rechtsanspruch auf Weiterbildungsmaßnahmen eingeführt werden.

Die Sicherung und Entwicklung von Qualifikationen über das gesamte Erwerbsleben hinweg werde zu einer zentralen arbeitsmarktpolitischen Aufgabe, heißt es im Beschluss des Parteigremiums.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), die an der Erarbeitung des Konzepts maßgeblich beteiligt war, sagte, seit dem Jahr 2000 habe der Anteil qualifizierter Tätigkeiten um 20 Prozent zugenommen, der Anteil einfacher Tätigkeiten dagegen um 18 Prozent abgenommen. Ältere Arbeitnehmer hätten Angst, keine Beschäftigung mehr zu finden, wenn sie ihren Job verlieren.

Konkret will Nahles, dass Arbeitslose, wenn sie innerhalb von drei Monaten keine Beschäftigung finden, von der Bundesagentur für Arbeit ein Angebot zur Qualifizierung erhalten. Dabei soll es nicht nur um Kurzschulungen oder -praktika gehen.

Geld vom Amt während der Qualifizierung

Auch das Nachholen eines Berufsabschlusses oder eine Umschulung sollen möglich sein. Für die Zeit der Weiterbildung soll das "Arbeitslosengeld Q" in Höhe des Arbeitslosengeldes I gezahlt werden. Danach bestünde - auch anders als jetzt - voller Anspruch auf das Arbeitslosengeld, weil die neue Leistung darauf nicht angerechnet werden soll. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I liegt - je nach Alter und vorheriger Beschäftigungsdauer des Betroffenen - zwischen sechs und 24 Monaten.

Zudem soll das sogenannte Schonvermögen, das nicht auf die Sozialleistungen angerechnet wird, von bislang 150 auf 300 Euro pro Lebensjahr verdoppelt werden. Außerdem will Nahles den Anspruch auf Arbeitslosengeld I erweitern. Während heute gilt, dass jemand für den Bezug innerhalb von zwei Jahren mindestens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein muss, soll künftig eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von zehn Monaten innerhalb von drei Jahren reichen. Nahles sagte, dies sei vor allem eine Hilfe für Menschen in prekäre Berufen, für Künstler und viele Beschäftigte in Dienstleistungsberufen. Nahles sagte, das Konzept werde wichtiger Bestandteil des Wahlprogramms.

Gewerkschaften loben den Ansatz

Begrüßt wurden die Pläne von Gewerkschaften und Sozialverbänden. Gerade ältere Arbeitslose hätten es schwer, wieder in den Arbeitsmarkt zu kommen, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Sie bräuchten mehr Unterstützung. Diakonie-Vorstandsmitglied Maria Loheide begrüßte die "Intention, die Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung auszubauen und Weiterbildung und Qualifizierung zu stärken". Wichtig sei, dass Arbeitslose transparent und umfassend beraten werden und ihre individuelle Situation dabei berücksichtigt werde.

Aus den anderen im Bundestag vertretenen Parteien kam Kritik, vor allem vom Koalitionspartner. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, seine Partei setze auf präventive Qualifizierung, die dazu führe, dass Menschen erst gar nicht arbeitslos würden. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag), wer das Arbeitslosengeld bis zu 48 Monate zahle, "lädt zur Frühverrentung ein".

Arbeitgeber gegen "Weiterbildungsbehörde"

Die Arbeitgeber gingen erwartungsgemäß auf Distanz: Präsident Ingo Kramer sagte, sein Verband lehen die Pläne ab. "Weiterbildung und Qualifizierung darf nicht am Arbeitsmarkt vorbeigehen. Grundlage müssen immer die betrieblichen Erfordernisse und keine abstrakten Rechtsansprüche sein." Qualifizierung gehe sonst völlig an der Praxis vorbei und helfe weder den Arbeitslosen noch den Betrieben. "Staatlich geplante, organisierte und pauschale Weiterbildung durch eine staatliche Weiterbildungsbehörde kann daher nicht zielführend sein", sagte Kramer.

De facto will die SPD das Arbeitslosengeld I verlängern. Dass das zu mehr Frühverrentung und zu durchschnittlich längerer Arbeitslosigkeit führen wird, ist absehbar.

Der Opposition gehen die Pläne der SPD dagegen nicht weit genug. Die Linken-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht kritisierte im "Tagesspiegel", es seien nur "punktuelle Verbesserungen". Die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Brigitte Pothmer, bemängelte, die Arbeitslosengeld-II-Bezieher und damit fast zwei Drittel der Arbeitslosen seien von dem Vorhaben ausgeschlossen. Wenn eine Weiterbildungsoffensive nötig wäre, dann aber in diesem Bereich, sagte sie.

Corinna Buschow

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