Ausgabe 02/2017 - 13.01.2017
Berlin (epd). Das Grundgesetz verlange Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern. "Gleiche Rechte müssen sich auch bei der Bezahlung wiederfinden", sagte Schwesig. Das Gesetz war in der großen Koalition lange umstritten. Union und Arbeitgeber kritisierten die Gesetzespläne, die Gewerkschaften regten Korrekturen an.
Das "Gesetz zur Förderung von Transparenz von Entgeltstrukturen" verankere gesetzlich das Prinzip des gleichen Lohns für beide Geschlechter, erklärte Schwesig. Mitarbeiter von Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten sollen dem Entwurf zufolge einen Anspruch auf Auskunft darüber haben, wie vergleichbar Beschäftigte des anderen Geschlechts entlohnt werden. Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sollen künftig zudem verpflichtet werden, darüber zu berichten, was sie gegen die Lohnlücke unternehmen. Zudem sollen die großen Unternehmen regelmäßig überprüfen, ob sie die Entgeltgleichheit einhalten.
Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) begrüßte das Gesetz: "Frauen haben ein Recht auf die gleiche Bezahlung wie Männer. Das ist bislang nur klar in der Theorie, aber schwierig in der Praxis." Künftig lasse sich die gleiche Bezahlung auch wirksam durchsetzen.
Niedersachsens Frauenministerin Cornelia Rundt (SPD) sagte, das Gesetz mache endlich Ernst mit der gleichstellungspolitischen Forderung, versteckte Lohndiskriminierung aufzudecken. "Es gibt Frauen (und auch Männern) das Recht, in einem anonymisierten Verfahren Vergleichszahlen zu gezahlten Gehältern anderer Beschäftigter mit gleicher Tätigkeit zu erhalten." Die Signalwirkung eines solchen Gesetzes sei nicht zu unterschätzen.
Dagegen sieht Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) beim Gesetz Änderungsbedarf. "Es muss nun sichergestellt werden, dass die Bürokratie für Unternehmen insgesamt nicht größer wird, auch nachdem das Gesetz endgültig verabschiedet ist", sagte Kauder am 12. Januar. Er verwies auf das Bürokratiebegrenzungsgesetz, wonach bei der Schaffung von neuen bürokratischen Regelungen im gleichen Umfang bestehende Bürokratie abgebaut werden müsse. "Dem hat die Familienministerin bislang noch nicht Rechnung getragen", sagte Kauder.
Auch Michael Fuchs (CDU), Vizevorsitzender der Bundestagsfraktion der Union, kritisierte die Pläne. "Der Gesetzentwurf ist und bleibt ein Bürokratiemonster", sagte er. Schwesig rechne sich den Aufwand für die Unternehmen schön, fügte Fuchs hinzu.
Die Arbeitgeber sprachen sich ebenfalls gegen das Gesetzesvorhaben aus. "Die Tarifvertragsparteien können besser als der Gesetzgeber Transparenz und Gleichbehandlung bei der Bezahlung gewährleisten. Die Sozialpartner haben bewiesen, dass sie faire Vergütung sicherstellen", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Das Gesetz erreiche nicht das Ziel, bessere Karrierechancen für Frauen zu schaffen. Dazu seien vor allem bessere familienpolitische Anreize erforderlich, insbesondere der flächendeckende Ausbau der Ganztags-Kinderbetreuung, sagte Kramer.
Die Gewerkschaften begrüßten indes Schwesigs Vorhaben, betonten jedoch, das Gesetz sei "nur ein erstes Signal in Richtung Entgeltgleichheit in Betrieben und Dienststellen". DGB-Vize Elke Hannack verwies ebenfalls auf die große Lohnlücke zwischen Frauen- und Männergehältern. Deshalb begrüße der DGB den Beschluss der Regierung für ein wirksames Lohngerechtigkeitsgesetz.
Zugleich forderte Hannack eine Pflicht für alle Unternehmen, ihre Entgeltpraxis zu überprüfen und Benachteiligungen systematisch abzubauen. Sie regte an, im Bundestag zumindest für Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten betriebliche Prüfverfahren verbindlich vorzuschreiben.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauen-und Gleichstellungsbüros begrüßte das Gesetz ausdrücklich. Sie sieht darin ein wichtiges Symbol, um der Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern in Deutschland entschieden entgegenzuwirken. Eine statistische Lohnlücke von etwa 21 Prozent zwischen Frauen und Männern widerspreche dem Grundgesetz. Diese Ungerechtigkeit gelte es zu beenden, hieß es.
Lob kam auch von der Arbeiterwohlfahrt. Deren Präsident Wolfgang Stadler sagte in Berlin, das Gesetz sei ein "Meilenstein in der Geschichte der Frauenpolitik". Er erhoffe sich vor allem weniger von Altersarmut betroffene Frauen: "Wer heute weniger verdient, bekommt morgen weniger Rente."