sozial-Recht

Bundessozialgericht

Niedergelassene Ärzte dürfen nicht streiken



Niedergelassene Ärzte dürfen nach einem Gerichtsurteil nicht während ihrer Sprechstundenzeiten streiken und Patienten vor der verschlossenen Tür stehenlassen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Kassenärzte im Rahmen ihrer Präsenzpflicht zur Versorgung der Kranken verpflichtet, urteilte am 30. November das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.

Geklagt hatte der Allgemeinmediziner Werner Baumgärtner, Chef der baden-württembergischen Ärztevereinigung Mediverbund. Dem Verbund gehören nach eigenen Angaben rund 13.000 Hausärzte, Fachärzte und Ärztenetzwerke an. Nach Auffassung von Baumgärtner müssen auch niedergelassene Ärzte ein Streikrecht haben. Das gesetzliche Verbot des Ausstandes verstoße gegen Grund- und Menschenrechte, argumentiert er.

Konkret hatte der Arzt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg darüber informiert, dass er und fünf weitere Kollegen sich im Oktober und November 2012 in einem zweitägigen Warnstreik befinden und ihre Praxen schließen würden. Auf diese Weise wollte er nicht nur das Streikrecht gerichtlich überprüfen lassen, Ärzte sollten auch die Möglichkeit erhalten, mehr Druck auf Krankenkassen und KVen für eine höhere Vergütung ausüben zu können.

Das BSG stellte jedoch klar, dass das Vertragsarztrecht kein Streikrecht für Ärzte vorsehe. Niedergelassene Ärzte seien verpflichtet, während der Sprechstundenzeiten für ihre Patienten da zu sein. Damit Ärzte angemessen vergütet werden, habe der Gesetzgeber die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen geschaffen. KVen und Krankenkassen könnten dabei eine angemessene Vergütung aushandeln, befand das Gericht.

Im Streitfall könnten Schiedsämter Konflikte lösen. Auf diese Weise würden die Versorgungssicherheit der Patienten und die angemessene Vergütung der Patienten sichergestellt. Dieses Verfahren sei nicht zu beanstanden, entschied das BSG. Baumgärtner zeigte sich enttäuscht. Er erklärte, dass er das Urteil vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen wolle.

Az.: B 6 KA 38/15 R


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